: Bei Wahlsieg gibt es Geld zurück
■ Das palästinensische Wahlgesetz ist öffentlich: Am 20. Januar wird über Nationalrat und Regierungschef abgestimmt
Tel Aviv (taz) – Mit einiger Verspätung hat der Chef der palästinensischen Autonomieverwaltung, Jassir Arafat, Ende letzter Woche seine Unterschrift unter das palästinensische Wahlgesetz gesetzt. Gestern wurde das Werk, das die ersten Wahlen zur palästinensischen Autonomiebehörde regeln soll, von der Nationalen Wahlkommission der Öffentlichkeit vorgestellt.
Der Wahlkampf ist auf drei Wochen beschränkt
Die Wahlen sollen am 20. Januar in Gaza und in der Westbank einschließlich Ostjerusalem stattfinden. Am 30. Dezember wird die definitive Liste der von der Wahlkommission bestätigten Kandidaten veröffentlicht. Der Wahlkampf ist auf die Zeit zwischen dem 30. Dezember und dem 18. Januar beschränkt.
Das Gesetz legt Verfahren fest für die Registrierung der Kandidaten, den Verlauf des Wahlkampfes, die eigentliche Abstimmung und für die Auszählung der Stimmen. Es handelt sich im Prinzip um ein Mehrheitswahlsystem. Für die Wahl eines „palästinensischen Rates“ sind die Gebiete in 16 Wahlbezirke unterteilt, in denen lokale Delegierte gewählt werden. Fünf Wahlbezirke befinden sich im Gaza-Streifen, elf in der Westbank und in Ostjerusalem. Gleichzeitig wird über einen „Ra'is“ (Vorsitzenden) der „Palästinensischen Nationalen Behörde“ (PNA) abgestimmt. Die PNA hat regierungsähnliche Funktionen, ihr derzeitiger Vorsitzender, PLO-Chef Jassir Arafat, läßt sich gerne als „Präsident“ ansprechen.
Während jeder Wahlberechtigte für die Wahl des „Ra'is“ nur ein Votum hat, darf er für die Bezirksdelegierten mehrere Stimmen abgeben. Ihre Anzahl richtet sich nach der Zahl der Vertreter, die der betreffende Wahlbezirk in den palästinensischen Rat schickt.
In drei Wahlkreisen bestehen besondere Quotenregelungen zugunsten christlicher Kandidaten. Für die Westbankstadt Nablus ist eine Sonderregelung vorgesehen, die einem Vertreter der jüdischen Sekte der Samaritaner ein Mandat im Nationalrat sichert.
Kandidaten müssen 1.000 US-Dollar hinterlegen
Die Anzahl der Nationalratsmitglieder wurde, wie im „Oslo 2“- Abkommen zwischen Israelis und Palästinensern vereinbart, auf 83 festgelegt. Die Kandidaten müssen mindestens 30 Jahre alt sein und ihren Wohnsitz in einem der Gebiete haben, die unter der Gerichtsbarkeit der Autonomiebehörden stehen. Sie können sich als Vertreter von Parteien registrieren lassen oder als Unabhängige. Auf dem Wahlzettel erscheinen die Namen der Kandidaten, die Namen ihrer Parteien und das dazugehörige Logo. Welche der palästinensischen Organisationen Kandidaten aufstellen werden, ist noch unklar. Bisher hat sich nur der islamistische „Dschihaad“ eindeutig für einen Boykott ausgesprochen.
Kandidaten für das Amt des „Ra'is“ müssen mindestens 35 Jahre alt sein, 5.000 Unterschriften von Anhängern vorweisen können und eine Summe von 3.000 US- Dollar hinterlegen. Kandidaten für den Nationalrat müssen von 500 Palästinensern nominiert werden und ein Deposit von 1.000 US-Dollar einzahlen. Nur wer gewählt wird, bekommt auch sein Geld zurück.
Eine bisher noch nicht ernannte zentrale Wahlkommission soll Plätze festlegen, an denen Wahlkampfveranstaltungen abgehalten werden dürfen. Des weiteren sollen Kandidaten die Möglichkeit haben, ihre Programme in den offiziellen palästinensischen Medien darzustellen. Wahlwerbung in Moscheen und Kirchen ist verboten.
Am Vortag der Wahlen und am Wahltag selbst ist jede Wahlpropaganda untersagt. Am Wahltag sind die Wahllokale von sieben Uhr früh bis sieben Uhr abends geöffnet. Die erste Zählung der Stimmen findet am Ort durch die Kommission des Wahllokals statt. Das Ergebnis wird vor der Veröffentlichung durch zwei höhere Instanzen zentral überprüft.
Die Vorbereitungen für die ersten palästinensischen Wahlen werden von der Europäischen Union durch technische Hilfen unterstützt. Die EU koordiniert auch den Einsatz internationaler Wahlbeobachter. Amos Wollin
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen