Geschützte Orchideen als Kampfmittel

Der Bund Naturschutz klagt gegen die ICE-Trasse durch den Thüringer Wald, die wegen der Eitelkeit einiger Exminister geplant wurde. Jeder Kilometer kostet 47 Millionen Mark  ■ Aus Nürnberg Bernd Siegler

Der erste Spatenstich für die Hochgeschwindigkeitstrasse von Köln nach Frankfurt ist gestern erfolgt. Im nächsten März soll dann der Bau der ICE-Neubautrasse von Nürnberg nach Erfurt beginnen. Zuvor will jedoch der Bund Naturschutz (BN) diesen „Zug in ein naturzerstörendes Milliardenfiasko“ mit einer Klage beim Bundesverwaltungsgericht stoppen.

Für die 190 Kilometer von Nürnberg nach Erfurt haben die DB-Planer rund neun Milliarden Mark veranschlagt. Aufgrund des hohen Tunnelanteils durch das Coburger Land und vor allem den Thüringer Wald kostet ein Kilometer der Neubaustrecke damit etwa 47 Millionen Mark. Zwischen Nürnberg und Erfurt werden die frühestens ab 2004 verkehrenden Hochgeschwindigkeitszüge keinen Halt einlegen. Für die vorgesehene Nutzung der Trasse für den Güterverkehr sollen Ausweichbahnhöfe gebaut werden. Aufgrund der starken Steigungen im Thüringer Wald müssen zudem einige Waggons abgehängt werden.

Für Hubert Weiger, Landesbeauftragter des Bund Naturschutz, stellt die Planung eine „gigantische Geldvernichtung“ dar. Einziger Grund dafür sei der Wunsch der geschaßten Minister und Regierungschefs Streibl, Gomolka und Krause, die thüringische Landeshauptstadt Erfurt an das ICE-Netz anzuschließen. Die vorher geplante Trasse über Hof und Leipzig sei deshalb gekippt worden.

Die Klage des BN vor dem Bundesverwaltungsgericht stützt sich auf ein Hangwaldgrundstück in der Gemeinde Untersiemau südlich von Coburg. Die ICE-Trasse würde dieses „hoch schützenswerte Biotop“, auf dem auch geschützte Orchideen wachsen, mit einem Einschnitt von 80 Metern Breite und 15 Metern Tiefe völlig zerstören. Mit seiner Klage will der BN die gesamte Rechtmäßigkeit der Planung überprüfen lassen.

BN-Anwalt Eike Schönefelder wirft den Planungsbehörden nicht nur eine „Mißachtung des EU- Umweltrechts“ vor, sondern eine fehlerhafte Umweltverträglichkeitsprüfung sowie eine „menschenverachtende Lärmbewältigung“. Die ganze Strecke sei zudem nicht raumverträglich. Ihre Erschließungswirkung sei äußerst gering. Nach den DB-Planungen rauschen die ICE-Züge an Städten wie Erlangen, Bamberg und Coburg vorbei. Die Trasse verläuft weitab von den Ballungsgebieten und Industrieschwerpunkten Ostthüringens und Westsachsens Gera, Plauen, Zwickau und Chemnitz. Das Ausflugsgebiet Thüringer Wald soll im Tunnel unterfahren werden, während das Oberzentrum Bayreuth per Zug nur auf einer eingleisigen, nicht elektrifizierten Trasse erreichbar ist.

Der Deutschen Bahn und der direkt dem Bundesverkehrsministerium unterstellten Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit wirft Weiger vor, das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zu verzögern. Die Klageschrift des BN liege längst vor, eine Erwiderung der DB lasse jedoch auf sich warten.