piwik no script img

Selten pflegebedürftig

■ Zwei Drittel der Anträge zur Pflegeversicherung werden abgelehnt

Bonn (dpa/taz) – Rigoros sind die Auswahlkriterien, anhand derer die Krankenkassen einen Antrag auf Leistungen aus der Pflegeversicherung entscheiden. Entsprechend wenige Anträge kommen durch. Seit Einführung dieser Versicherung im April wurde nahezu jeder dritte Antrag auf Hilfe abgelehnt. Die genauen Zahlen gab gestern der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDS) in Bonn bekannt.

Bis Ende Oktober hatte die MDS fast 1,5 Millionen Anträge begutachtet. In 426.000 Fällen lautete ihr Urteil: abgelehnt. Ausgesprochen kritisch zeigte sich die MDS auch bei der Einstufung in die jeweilige Pflegestufe. Etwa ein Drittel wurde in die untere Kategorie Pflegestufe I eingruppiert, jeder Vierte wurde der nächsthöheren Stufe II zugeordnet. Als schwerstpflegebedürftig wurden genau 12,6 Prozent anerkannt. In noch nicht einmal jedem zweiten Fall nahmen diese Kranken, welche in Pflegestufe III eingruppiert werden, professionelle Hilfe von Pflegediensten in Anspruch.

In den allermeisten Fällen werden die Bedürftigen von Angehörigen oder Freunden pflegerisch betreut. In der Stufe I war dies in 87 Prozent der Fälle so, in der Stufe II in 78 Prozent der Fälle. Penibel genau errechnete die MDS, daß 28,2 Prozent der Hilfsbedürftigen allein lebt.

Zum ersten Mal wurde gestern in Bonn auch eine Statistik vorgelegt, die Auskunft über das Alter gibt. Demnach sind drei von vier Bedürftigen älter als 65. Mehr Frauen als Männer brauchen Hilfe von anderen. Die MDS nannte als Gründe die längere Lebenserwartung von Frauen. Der Männeranteil sei auch wegen des Zweiten Weltkriegs in dieser Altersgruppe so niedrig.

Bei den Schwerstbedürftigen diagnostizierte die MDS am häufigsten geistige Verwirrtheit und psychische Erkrankungen. Bei den Patienten und Patientinnen der Stufen II und I stehen vor allem Erkrankungen innerer Organe (vor allem Herzprobleme und Asthma) und der Haut im Mittelpunkt. roga

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen