Kriminalität steigt weiter an

■ Polizeigewerkschaft ist gegen Personaleinsparungen

Die Kriminalität hat auch in diesem Jahr wieder zugenommen. Die Anzahl der registrierten Straftaten ist in den ersten zehn Monaten im Vergleich zum Vorjahr um rund 26.500 auf 477.400 angestiegen. Vor diesem Hintergrund gehe die derzeitige Diskussion über Einsparungen im Polizeibereich „völlig an den Realitäten vorbei“, sagte gestern der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Burkhard von Walsleben.

Eine gefährliche Entwicklung sieht die Gewerkschaft bei Raubtaten und Überfällen. Bis Ende Oktober wurden mit 7.600 Delikten 18 Prozent mehr Raubtaten registriert als im Vorjahr. Auffällig nannte von Walsleben auch die Zunahme von Überfällen auf Geschäfte um 30 Prozent. Während die Zahl der Autodiebstähle rückläufig war, stieg die der Taschendiebstähle um 4.700 auf 20.400 an.

Zur erfolgreichen Bekämpfung dieser Kriminalität forderte von Walsleben den verstärkten Einsatz von operativen Einheiten, der sich bereits im Bereich von Raubdelikten bewährt habe. Dort sei die Aufklärungsquote von 37 Prozent „sehr erfreulich“. Aus Sicht der Gewerkschaft fehlen jetzt schon rund 700 Beamte. Dieser „rechnerische Personalfehlbestand“ ergebe sich aus den über eine Million Überstunden, die in den ersten zehn Monaten dieses Jahres angefallen seien.

Polizeipräsident Hagen Saberschinsky (CDU) wandte sich gestern ebenfalls gegen eine Reduzierung beim Personal. Einsparungen im Polizeibereich würden nicht ohne Folgen bleiben. Saberschinsky stellte gestern neueste Zahlen zur Kinder- und Jugendkriminalität vor, die seiner Ansicht nach ein „bedrohliches Ausmaß“ angenommen hat. So sei im letzten Jahr jeder vierte Tatverdächtige zwischen 8 und 21 Jahre alt gewesen. Für dieses Jahr rechnet Saberschinsky mit einem weiteren Anstieg. Besonders hoch ist der Anteil jugendlicher Straftäter. Rund 60 Prozent aller Raubdelikte wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres von Jugendlichen begangen. Der Anteil der Heranwachsenden an allen Straftaten stieg im selben Zeitraum dieses Jahres auf 26 Prozent. Davon wiederum entfallen allein 6 Prozent auf Kinder unter acht Jahren. Als „besonders markant“ bezeichnete Saberschinsky die über 3.000 Raubtaten von Jugendgruppen.

Saberschinsky erhofft sich vom Ausbau der „Zentralstelle für Jugendsachen“ beim Landeskriminalamt, dem Einsatz von Jugendbeauftragten, Fachkommissariaten und Operativen Gruppen in allen sieben Polizeidirektionen Erfolge bei der Bekämpfung und Vorbeugung. Damit, so betonte er allerdings, sei die „Kapazitätsgrenze“ der Polizei „ausgeschöpft“. Barbara Bollwahn