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Opfer waren auch ein bißchen Täter

■ Kieler Untersuchungsausschuß: Barschel nicht unbedingt Urheber der Engholm-Bespitzelung. Genossen sind gespalten wegen der offenen Fragen zur Rolle Engholms und Ex-Sozialministers Jansen

Kiel (taz) – „Einige Fragen blieben ungeklärt, sie werden möglicherweise nie ganz zu klären sein.“ Das schreibt der stellvertretende Vorsitzende des Kieler Untersuchungsausschusses, Bernd Buchholz (FDP), in seiner politischen Bewertung. Heute soll ein parlamentarischer Schlußstrich unter die Kieler Doppelaffäre von 1987 bis 1995 gezogen werden. Der schleswig-holsteinische Landtag debattiert die Ergebnisse der Ausschußarbeit.

Der Ausschuß könne nicht den Anspruch erheben, die ganze Wahrheit herausgefunden zu haben, meint Buchholz. Aber einiges wurde zurechtgerückt. Die Opfer sind nicht mehr nur Opfer, die Täter nicht mehr nur Täter. Die Ausschußmehrheit kam zu dem Ergebnis, daß dem damaligen CDU-Ministerpräsidenten Uwe Barschel die Urheberschaft an den kriminellen Machenschaften aus seiner Staatskanzlei nicht zu beweisen sei. Es bleibe jedoch bei seiner politischen Verantwortung. Barschel war im Oktober 1987 tot in einer Badewanne des Genfer Hotels, „Beau Rivage“ gefunden worden. Behörden und Beobachter waren von Selbstmord ausgegangen und hatten dies als Schuldeingeständnis gewertet.

Tief vergiftet ist das politische Klima in der SPD des Nordens aufgrund der Ergebnisse der Ausschußmehrheit über die Rolle der eigenen Partei in dem Affärengestrüpp. Geplantes Vertuschen oder Dummheit der Führungsspitze im Umgang mit der eigenen Rolle und dem eigenen Wissen? Daß einige Genossen annehmen, daß Björn Engholm möglicherweise noch früher von den Machenschaften gewußt haben könnte als zugegeben, erbost viele. SPD-Hoffnungsträger Engholm war im Mai 1993 als Ministerpräsident zurückgetreten – zwei Monate nach dem Bekanntwerden der Geldzahlungen des ehemaligen Sozialministers Günther Jansen an den früheren Barschel-Referenten Reiner Pfeiffer. Engholm hatte eingeräumt, von den Machenschaften im Jahre 1987 fünf Tage eher gewußt zu haben, als er bis dahin angegeben hatte.

Viele Genossen wollen zudem nicht akzeptieren, daß die SPD- Aufklärer im Auschuß auch zu dem Ergebnis gekommen sind, daß Jansen 40.000 Mark an Pfeiffer unter Druck bezahlt haben könnte. Jansen selbst bleibt bei seiner Version, er habe aus sozialen Motiven gezahlt. „Wir halten die zwei Meinungen aus“, hatte der Landesvorsitzende Willi Piecyk mehr als einmal als Devise für den Umgang der Affäre ausgegeben. Zwei SPD- Mitglieder des Ausschusses hatten gemeinsam mit dem Abgeordneten der Partei der dänischen Minderheit ein Minderheitenvotum abgegeben.

Doch eine Woche vor der Schlußdebatte war es mit der erzwungenen Harmonie vorbei. Die SPD-kritischen Aufklärer um die Obfrau im Ausschuß, Claudia Preuß-Boehardt, hatten sich über den Tisch ziehen lassen. Sie stimmten einem Formelkompromiß zu und trugen ein gemeinsames Papier mit, in dem lediglich die verschiedenen Positionen gegenübergestellt worden waren. In dem Papier wurde „die schmerzliche Situation“ bedauert, keine einheitliche Meinung zu den Affären zu haben. Die Stellungnahme der Minderheitenbefürworter landete jedoch dann entgegen der Absprachen doch vor dem Ausschuß, als Papier des Vertreters der dänischen Minderheit. Preuß-Boehardt kündigte darauf hin an, im Kern an ihrem Ursprungspapier festzuhalten, in dem nicht nur Engholm und Jansen verurteilt werden, sondern auch davon ausgegangen wird, daß der Kreis der Mitwisser in der SPD-Führungsspitze weit größer als bisher angenommen sei. Kersten Kampe

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