: Gewaltfrei vor Gericht
■ Der thüringische PDS-Parlamentarier Steffen Dittes wurde wegen "Dienstflucht" zu Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt
Dresden (taz) – Keine drei Stunden dauerte die Verhandlung am Arnstädter Amtsgericht. Der thüringische PDS-Abgeordnete Steffen Dittes verlas eine siebenseitige persönliche Erklärung. Das Urteil folgte weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft: acht Monate Freiheitsentzug auf Bewährung und eine Geldstrafe von 36.000 Mark.
Steffen Dittes, umweltpolitischer Sprecher seiner Fraktion und mit 22 der jüngste Abgeordnete im Erfurter Landesparlament, wurde verurteilt wegen „Dienstflucht“. Der Vater zweier Söhne hat sowohl den Wehr- als auch den Zivildienst verweigert. Dittes: „Die Vorstellung, unschuldige Menschen in einem Krieg zu töten, erweckt bei mir Angst.“
Seine Argumentation, Zivis würden im Kriegsfall zu militärischen Aufgaben eingesetzt, ließ das Gericht nicht durchgehen. Nach dem Wehrstrafgesetz mußte Dittes mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren rechnen.
Der Elektronikfacharbeiter, der nach dem Abitur nicht an die Uni, sondern für die PDS in die Politik gegangen ist, hatte bereits vor der Einberufung im Oktober 1993 dem zuständigen Bundesamt erklärt, er werde auch den Zivildienst verweigern. Nachdem er zum Dienst im Seniorenzentrum von Arnstadt, unweit von Erfurt, nicht angetreten war, erhielt er Anzeige und Anklageschrift. Drei Gerichtstermine platzten aus verschiedenen Gründen. Dittes war in dieser Zeit PDS-Kreisvorsitzender von Arnstadt, und die GenossInnen setzten ihn auf die Kandidatenliste für die Landtagswahl. Die Fraktion steht hinter dem Radikal-Zivi: Sie protestiert „gegen das Urteil als ganzes, insbesondere gegen die unverhältnismäßig hohe Geldstrafe“.
Er betrachte sich nicht als „Totalverweigerer“, erläuterte Dittes dem Gericht, dieser Begriff würde sein Anliegen entstellen. „Eher sehe ich mich als totalen Kriegsdienstverweigerer.“ In der Armee werde „das Töten gelernt und trainiert“, diesem Zwang könne er aus Gewissensgründen nicht folgen. Statt dessen wolle er „gewaltfrei“ um Mehrheiten für eine „antiimperialistische Friedenspolitik“ kämpfen und für eine Sozialpolitik, die diesen Namen verdiene.
Zumindest in diesem letzten Punkt versuchten die Amtsrichter den Intentionen ihres Angeklagten zu folgen. Seine 36 Tagessätze zu je 1.000 Mark muß Steffen Dittes an die Straffälligen-Hilfe Thüringen zahlen. Detlef Krell
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