piwik no script img

Der Springer-Verlag macht sich breit

Großflächige Planung an der Kochstraße zum Neubau von Büro- und Wohnhäusern. Baustadträtin will Autofahrer raushalten. Denkmalpflege und Anwohnerbeteiligung strittig  ■ Von Gereon Asmuth

In der südlichen Friedrichstadt rund um das Springer-Hochhaus zeichnet sich eine weitere Großbaustelle ab. „Etwa 500 Millionen Mark“, schätzt der Berliner Verwaltungsleiter des Springer-Konzerns, Jürgen Dischleit, wird die Neubebauung der Freiflächen zwischen Linden- und Kochstraße sowie die Umgestaltung der alten Druckereihallen und des Blocks zwischen Charlotten- und Markgrafenstraße nördlich der Kochstraße verschlingen. Dieser Block soll an einen noch nicht genannten Investor verkauft werden. Auf den beiden anderen Arealen plant Springer umfangreiche Neubauten zur Erweiterung eigener Büroflächen und für Wohnbebauung. Die bündnisgrüne Baustadträtin von Kreuzberg, Erika Romberg, hat zwar an einer möglichst schnellen Bebauung des Areals ebenfalls Interesse, jedoch auch ihre eigenen Vorstellungen.

Strittig ist vor allem die Zahl der Stellplätze. An Stelle der tausend parkenden Autos zwischen Linden- und Kochstraße schwebt Romberg eine städtebauliche Mischung zwischen Wohn- und Gewerbebauten vor, die neben vorbildlicher Energiebilanz und sozialer Infrastruktur vor allem die Reduzierung des Individualverkehrs auf maximal 20 Prozent garantiert. Mit den zwei naheliegenden U-Bahnhöfen Kochstraße und Spittelmarkt und der geplanten Straßenbahn durch die Lindenstraße sei die Gegend hervorragend durch den öffentlichen Nahverkehr erschlossen. Sie will zukünftige Bewohner zu Car-sharing verpflichten, Springer soll seinen Mitarbeitern die Benutzung von Taxis anbieten.

Die angestrebte Wohnbebauung erfordert laut Romberg zwei Kitas und eine Grundschule. Auch die Planung für einen Abenteuerspielplatz will die Baustadträtin in das anstehende städtebauliche kooperative Verfahren mit einbeziehen. Am Südrand des heutigen Parkplatzes lag früher die Junkerstraße, die der Bezirk als Fußgängerallee wiedererstehen lassen möchte. Dort besitzt das Land Berlin Grundstücke, die für den Spielplatz vorgesehen waren, jetzt aber auch für einen Grundstückstausch zur Verfügung stünden.

Dieser würde notwendig, wenn sich das Landesdenkmalamt mit seinen Vorstellungen zum ehemaligen Jerusalem-Kirch-Platz durchsetzt. Direkt auf der heutigen Kochstraße vor den heutigen Springer-Hochhäusern stand die Jerusalem-Kirche, deren Ruine nach dem Krieg abgerissen wurde. Ihre noch freizulegenden Fundamente könnten nach einem Entwurf des von Springer beauftragten Architekturbüros Nahlbach mit einer Glasplatte abgedeckt und von großen Scheinwerfen beleuchtet werden. Zur Rekonstruktion des Platzes wären etwa 1500 qm der heutigen Parkfläche notwendig. Strittiger sind die Pläne für die leerstehenden Druckerhallen zwischen Koch- und Zimmerstraße. Springer möchte sie abreißen lassen, um Platz für einen Neubau inklusive unterirdischer Garage zu schaffen. „Das ist ein reiner Industriebau", klagt Jürgen Dischleit.

Seit 1994 stehen die Druckhallen, zusammen mit dem Springer- Hochhaus, jedoch als Beispiel für die Architektur des Kalten Krieges unter Denkmalschutz. Das Kreuzberger Bezirksamt will einem Abriß daher nur zustimmen, wenn eindeutig nachgewiesen wird, daß keine geeignete Nutzung nachzuweisen ist. Romberg sieht hierfür jedoch gleich mehrere Möglichkeiten. Ganz oben auf ihrer Wunschliste steht eine Kinoerlebnislandschaft, die die südliche Friedrichstadt beleben soll. Aber auch die von Springer geplanten Büroflächen oder sogar Wohnungen seien dort vorstellbar.

Wenig Gefallen findet der Springer-Konzern bisher an der von Romberg angestrebten frühzeitigen Anwohnerbeteiligung. „Die haben bisher alles gekippt, was wir geplant haben“, klagt Dischleit über deren kritische Begleitung. Die Proteste gegen die Umbenennung eines Teils der Lindenstraße in Axel-Springer-Straße schlugen dem Verlag auf den Magen. Eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts steht bislang noch aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen