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In Bosnien verläuft alles nach Plan

■ Wiedervereinigung Sarajevos wird nicht verschoben. Hochwasser erwies sich als bisher größter Feind der Nato-Einsatztruppen. Geflohene Serben sollen bei Rückkehr ihr Eigentum wiedererlangen

Sarajevo (AP/dpa/taz) – Planmäßig und reibungslos ist die erste Etappe des Truppenrückzugs der Kriegsparteien in Bosnien verlaufen. Hohe Offiziere der Nato äußerten sich gestern zufrieden angesichts der Fortschritte binnen einer Woche. Die Truppenentflechtung in Sarajevo war fristgemäß beendet worden.

„Wir sind sehr zufrieden mit dem Entgegenkommen der Kriegsparteien in den vergangenen sieben Tagen“, sagte der Nato- Oberkommandierende, General George Joulwan, gestern in Belgrad. Die Truppenentflechtungen seien bisher nach Plan verlaufen, Minen würden geräumt, es gebe eine gute Zusammenarbeit in den gemeinsamen Militärkommissionen. Als ein sehr wichtiges Zeichen wertete Joulwan auch die Landung von amerikanischen Soldaten in Belgrad. Die insgesamt 60 Soldaten mit 20 Fahrzeugen sollen eine Landroute von Belgrad nach Bosnien erproben.

In Washington erklärte ein Sprecher des Außenministeriums, die Forderungen der bosnischen Serben nach einer Verschiebung der Wiedervereinigung Sarajevos würden nicht erfüllt werden. Eine Neuverhandlung des Friedensvertrags von Dayton und eine Änderung der Fristen komme nicht in Frage. Der bosnische Außenminister Muhamed Sacirbey, der sich in Washington aufhielt, beschuldigte die Führung der bosnischen Serben, sie wolle nur Zeit gewinnen, um Änderungen im Friedensvertrag zu erreichen und ihre eigene politische Zukunft zu sichern. Politiker der bosnischen Serben hatten vor einer möglichen Massenflucht aus den serbisch bewohnten Stadtteilen der Hauptstadt gewarnt. Diese sollen ab dem 19. Januar binnen einer Frist von zwei Monaten wieder unter die Kontrolle der bosnischen Regierung kommen.

Die US-Armee wird am Flughafen in Sarajevo, der im französischen Sektor liegt, zwei Radaranlagen installieren, um die Sicherheit zu erhöhen. Die Regierung in Washington wies Angaben zurück, sie wolle damit ihr militärisches Engagement noch ausweiten. Die Radareinheiten würden lediglich für 30 Tage in Sarajevo stationiert und anschließend nach Tuzla verlegt, dem Hauptquartier der US- Streitkräfte in Bosnien.

Der Truppeneinsatz in Bosnien wird inzwischen vor allem von Hochwassser behindert. Im Norden hatten amerikanische Pioniere Mühe beim Bau von zwei Pontonbrücken über den Hochwasser führenden Grenzfluß Save, über die das Gros der rund 20.000 US-Soldaten einrücken soll. Bei Mostar im Süden wurden Teile eines Militärlagers der Franzosen weggeschwemmt. Aus Furcht vor einem Dammbruch waren in Mostar mehrere hundert Menschen evakuiert worden. Inzwischen galt die größte Gefahr aber als gebannt.

Die Soldaten der Ifor sollen nicht nach Kriegsverbrechern in Bosnien fahnden. Dies stellte ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums in Washington klar. „Nur wenn wir durch Zufall auf einen gesuchten Kriegsverbrecher stoßen, werden wir ihn der Polizei übergeben“, sagte General Estes.

Die kroatische Regierung will geflohenen Serben nun doch die Möglichkeit geben, ihr nach der Flucht verstaatlichtes Eigentum bei der Rückkehr wiederzuerlangen. Dem ursprünglichen Gesetz zufolge sollten die Serben ihr Eigentum nur dann zurückerlangen können, wenn sie bis zum 27. Dezember zurückgekehrt wären. Betroffen sind etwa 200.000 Flüchtlinge. Der UN-Sicherheitsrat hatte Anfang der Woche die den Serben gesetzte Frist scharf kritisiert und ihre Aufhebung gefordert.

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