: Holst wird wieder psychiatrisch verwahrt
■ Polizei ermittelt gegen Helfer / Erklärung zu Fluchtgründen an die taz geschickt
Rückkehr zum Fluchtort: Der zu lebenslanger Haft verurteilte Frauenmörder Thomas Holst sitzt seit gestern vormittag wieder in Haus 18 der geschlossenen Psychiatrie des Allgemeinen Krankenhauses Ochsenzoll (AKO), aus dem er am 27. September 1995 ausgebrochen war. Die Sicherheitsvorkehrungen seien verschärft worden, versicherte AKO-Chef Klaus Böhme gestern gegenüber der taz. Es bestehe keine erneute Fluchtgefahr, „weil dies auch zuvor nur mit Hilfe der Schlüsselgewalt möglich war“.
Holst hatte sich am Samstag abend der Hamburger Polizei freiwillig gestellt, nachdem diese am Vortag die ehemalige Therapeutin des sogenannten Heidemörders, Tamar S., wegen des Verdachts auf Gefangenenbefreiung verhaftet hatte (taz berichtete).
Staatsanwaltschaft und Polizei gehen davon aus, daß Holst sich während des gesamten Zeitraums seiner Flucht in einer Wohnung in der Uhlandstraße 33 in Hohenfelde aufgehalten habe. Wer ihm das Vesteck gewährte, ist bislang unbekannt. Während die Staatsanwaltschaft prüft, gegen zwei weitere Fluchthelfer-Verdächtige – darunter ein vorbestrafter ehemaliger Rechtsanwalt, den Holst im Knast kennengelernt hatte – Verfahren einzuleiten, hat Holst seine bereits im Januar 1995 in einem Dossier (siehe taz vom 21.1.1995) erhobenen Vorwürfe gegen die Therapie-Methoden im AK Ochsenzoll erneuert: In einem 17seitigen, angeblich von Holst verfaßten und auf einer Computer-Diskette gespeicherten Schreiben, das gestern bei der taz einging, wird kritisiert, daß psychisch gestörte Kriminelle in Ochsenzoll nur weggeschlossen und verwahrt statt therapiert würden.
Ferner heißt es: „Ich werde mich zu gegebener Zeit (...) selbst stellen (...). Ich weiß, daß ich erheblich gestört bin und dringend eine Therapie benötige. Meine Flucht (...) hat nichts damit zu tun, daß ich mich einer Behandlung entziehen will. Natürlich nehme ich Therapie an (...) sofern es eine ernstgemeinte ist.“ Eine ähnliche handschriftliche Erklärung verfaßte Thomas Holst gestern mit seinem Verteidiger Ladislaw Anisic, den er, so der Anwalt, „zudem beauftragte, Strafanzeige wegen Nötigung gegen die beiden Polizeibeamten zu stellen, die ihn am Samstag zum Untersuchungsgefängnis brachten.“
Die Verlegung von der Untersuchungshaftanstalt am Holsten-glacis, wo Holst seit dem Silvesterwochenende untergebracht war, ins AK Ochsenzoll entspreche dem rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Hamburg von 1993, erklärte gestern der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger: „Das Gericht hat angeordnet, daß Holst in der geschlossenen Psychiatrie untergebracht wird. Diese Möglichkeit haben wir in Hamburg nur in Ochsenzoll.“ Ob eine Verlegung aus Sicherheits- oder Therapiegründen in eine Anstalt eines anderen Bundeslandes in Betracht komme oder Thomas Holst seine Strafe – sollte ihm gutachterlich die „Nicht-Therapierbarkeit“ bescheinigt werden – doch im Gefängnis absitzen muß, werde noch geprüft, so Ochsenzoll-Chef Böhme gestern. Darüber beschließen kann nur das Landgericht.
Die Vorwürfe Holsts wies Böhme zurück: Jeder Patient der Anstalt habe die Möglichkeit einer Therapie; Holst habe die internen Therapeuten jedoch abgelehnt: „Selbst externe Experten haben bestätigt, daß der Zugang zu ihm extrem schwierig ist.“ Heike Haarhoff
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