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Man hört und schweigt betreten

■ Ruhe! Probe! Ein Lesemarathon für Heiner Müller am Berliner Ensemble

Das BE trägt Trauer. Ein schwarzes Transparent, wo sonst die tägliche Stückankündigung hängt: Heiner Müller 1929–1995. Seit Dienstag ein Lesemarathon. Mehr als sechs Stunden lang lesen nun jeden Tag bis zum 9. Januar Schauspieler, Regisseure und Autoren aus Müllers Arbeiten vor.

Das Foyer im ersten Stock ist meistens überfüllt. Den ganzen Tag kommen und gehen die Zuhörer. Prominenz und Fußvolk gleichermaßen. Von den Journalisten ganz zu schweigen. Betretene Gesichter, eine Stimmung wie in der Kirche. Man hört und schweigt. Das Theater zelebriert die Totenmesse auf seine Art. In der Kassenhalle läuft Johann Kresnik wie ein Matador ein und gibt vor laufenden Kameras ein Statement ab. Im Foyer liest inzwischen der Schauspieler Nicholas Monu die englische Übersetzung eines Müller- Textes. Neben ihm auf dem Podium hat sich Libgart Schwarz in ihren Rollkragenpullover verkrochen. Die Türen zum Zuschauerraum des Theaters sind versperrt. „Ruhe! Probe!“ ist auf großen Schildern zu lesen. Man registriert das fast beruhigt. Das BE ist also doch nicht in die totale Erstarrung verfallen?

Es ist Nacht, die Lesung ist zu Ende. Huldvoll weisen zwei Angestellte des Theaters Spätkommende ab: „Morgen ab elf Uhr geht es weiter.“ Esther Slevogt

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