: Dixie oder Gross, weil Sepp nicht will
■ Ost-Beckenbauer und Grasshoppers-Coach oben auf Werderliste / Bestchastnikh nach Zürich?
„Wir haben einen, aber wir sagen nicht wen. Jedenfalls einen, mit dem niemand gerechnet hat.“ Diese Aussage aus dem Werder-Präsidium gerade mal einen Tag nach dem Rausschmiß von Aad de Mos hätte niemand erwartet. Aber die Anzeichen verdichten sich, daß die grün-weißen tatsächlich schon einen neuen Trainer gefunden haben. Nur wer es wird, das ist immer noch geheime Kommandosache. „Ich gehe davon aus, daß wir uns Anfang der Woche endgültig einigen werden“, meinte Werder-Präsident Franz Böhmert gestern. Der Kreis der heißen Anwärter ist allerdings sehr klein geworden. Der neue Werder-Trainer, so war die Lage gestern, heißt entweder Christian Gross oder Dixie Dörner. Sepp Piontek, der bei vielen Bremern die Wunschliste anführt , wird er nicht heißen. Der hat abgewunken.
Der hochgeschätzte Piontek, Ex-Werder-Spieler, Ex-Nationalcoach von Dänemark und zur Zeit Trainer in Aalborg, kann nicht. „Ich habe noch einen Vertrag bis zum Ende der Saison, und den will ich auch erfüllen“, meinte er am Dienstag abend, als die taz nachfragte – und das, obwohl es in Aalborg zu einem Spieleraufstand gegen Piontek gekommen sein soll, weil der zu hart trainiere, wenn man dem „Kicker“ Glauben schenken darf. Werder sei schon reizvoll, aber ein Umzug paßt überhaupt nicht ins Konzept. „Meine Tochter geht hier zur Schule und spricht kein Wort deutsch.“
Aber Werder war in seiner Personalsuche offensichtlich kreativer, als sich mancher Bremer Stammtischstratege gedacht hatte. Kandidat Nummer eins: Hans-Jürgen „Dixie“ Dörner, der Beckenbauer des Ostens. Dörner, mittlerweile 44 Jahre alt, hat über hundertmal das Trikot der DDR-Nationalmannschaft getragen, als „Weltklasselibero“ aus den Reihen von Dynamo Dresden. Zur Zeit ist er Trainer der U 21-Nationalmannschaft, und die Freigabe wäre kein Problem, heißt es von der Pressestelle des Deutschen Fußballbundes: „Wir würden ihm sicher keine Steine in den Weg legen.“ Um die Freigabe hatte Dörner bis gestern aber noch nicht gebeten. Bleibt das Problem, daß Dörner noch nie eine Vereinsmannschaft trainiert hat.
Das Problem gibt es beim Kandidaten Nummer zwei nicht. Christian Gross, der Anfang der 80er zwei Jahre beim VfL Bochum gespielt hat, ist seit 1993 Trainer bei Grasshoppers Zürich. Mit großem Erfolg: 1994 Pokalsieger, 1995 Meister und die erste schweizerische Mannschaft in der Champions League. Auch er hat noch nicht um Freigabe nachgefragt. Das hat er schon vor ein paar Monaten vergeblich getan, als ein japanischer Verein angeklopft hatte. Daher sind Beobachter der schweizer Szene eher skeptisch, daß er nun aus dem bis zum Sommer laufenden Vertrag entlassen werden könnte.
Trotzdem kursieren in Zürich schon die wildesten Spekulationen. Die Grasshoppers-Führung, so die Gerüchte, bastle schon an einem ganz besonderen Deal: Gross will weg. Wenn er im Sommer geht, dann verdient der Verein keinen Pfennig; wenn er jetzt nach Bremen geht, dann könnte in einem Rutsch ein Grasshopper-Problem gelöst werden. Der Verein sucht dringend nach einem neuen Stürmer. Und der könnte schon ab nächster Woche Wladimir Bestchastnikh heißen.
Unterdessen hat der „Spiegel“ einen Sprung und Werder neuen Ärger bekommen. Gestern hat der Anwalt von Aad de Mos per Gericht eine Gegendarstellung durchgedrückt. Und er hat angekündigt, daß de Mos nun auf Wiedereinstellung bei Werder klagen will. Mit der Gegendarstellung sei der Kündigungsgrund entfallen. Was allerdings nach Juristenmeinung erst dann stimmt, wenn de Mos den „Spiegel“ auf Widerruf und Schadenersatz verklagt. J.G./JoF/dpa
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen