: Große Koalition macht weiter
■ CDU und SPD wollen Berlin bis 1999 regieren. Der Koalitionsvertrag liest sich wie ein Sparkatalog
Berlin (taz) – Die Berliner Landesregierung wird am 25. Januar gewählt. Das erklärte gestern früh um neun Uhr der Regierende Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) nach dem Ende der Koalitionsverhandlungen mit der SPD. 20 Stunden dauerte der Schlußmarathon der Verhandlungen. Mit dem Koalitionsvertrag sei die Substanz für die Fortsetzung einer Großen Koalition bis 1999 erarbeitet worden, so Diepgen. Die CDU soll künftig in einem verkleinerten Senat fünf Senatoren stellen, die SPD vier.
Die Parteien kündigten einen strikten Sparkurs an. Verkauft werden sollen landeseigene Gesellschaften und Beteiligungen in einer Gesamthöhe von 4 Milliarden Mark. Mit den Einnahmen sollen einerseits Schulden zurückgezahlt werden, andererseits Investitionen finanziert werden. Der Regierende Bürgermeister verglich die Stadt Berlin „mit einem Milliardär, der aufgrund von Liquiditätsproblemen zum Konkursrichter gehen muß“. Die SPD konnte sich in den Koalitionsverhandlungen nicht mit ihrem Ziel durchsetzen, die Gewerbesteuer auf das durchschnittliche Niveau der Bundesrepublik anzuheben. Die CDU stimmte lediglich einer geringeren Erhöhung erst ab 1998 zu.
Indirekt schloß Diepgen weitere Schließungen von Theatern oder anderen Kultureinrichtungen aus: „Die Vielfalt der Kultureinrichtungen bleibt erhalten.“ Bei den drei Universitäten Freie Uni, Technische Uni und Humboldt-Uni sollen Studiengänge, die doppelt oder dreifach angeboten werden, abgebaut werden. Die Personalkosten von 15 Milliarden Mark für 174.000 Beamte und Angestellte des Landes sollen auf 14,5 Milliarden Mark gesenkt werden. Zu Beginn der Koalitionsverhandlungen hatten CDU und SPD eine Reduzierung von einer Milliarde Mark für nötig gehalten. Die Schulden Berlins werden so von heute 50 Milliarden auf rund 70 Milliarden Mark 1999 steigen.
Der SPD-Landesvorsitzende Detlef Dzembritzki (SPD) erhoffte sich, daß die Brandenburger aufgrund der „erfolgreichen Ergebnisse“ bei den Verhandlungen der geplanten Ländervereinigung 1999 bei der Volksabstimmung in vier Monaten zustimmen. Denn die Koalition habe die Weichen für eine Konsolidierung des Haushalts gestellt. Die SPD komme nach der schlimmen Wahlniederlage vom 22. Oktober vergangenen Jahres wieder in die Gänge. Man sei mit einer Vielzahl von Vorschlägen in die Koalitionsverhandlungen gegangen. Trotz des Einsparziels von 23,1 Milliarden Mark bis 1999 sprach Dzembritzki von „Zukunftschancen“.
Dirk Wildt Seiten 2 und 5
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