■ Tour d' Europe
: Die Kaderschmieden

Die meisten westlichen Länder haben zwei Arten von Eliteschulen: Musteruniversitäten mit besonderer Ausstattung und Fortbildungsanstalten, die Führungskräfte für Wirtschaft und Verwaltung ausbilden. Besonders letztere haben mitunter Weltruf, allen voran die aus den USA – die bekannteste dürfte die Harvard-Universität in Boston sein.

Viel weniger berühmt sind die europäischen Gegenstücke. Die meisten können sich mit den US-Eliteinstituten kaum messen. Deutsche Hochschulen rangieren weder bei den allgemeinen Eliteschulen noch den Anstalten zur Heranzüchtung von Wirtschaftsführern unter den prestigeträchtigsten. Was die Wissenschaftsbildung angeht, rangieren Oxford und Cambridge in England noch immer ganz oben. Im Bereich Verwaltung dominieren die französischen Ecoles normales d' Administration, auf dem Gebiet der Wirtschaftsführerfortbildung wird die Hitliste angeführt von der London Business School und der Insead in Fontainebleau, zu der das Iese in Barcelona und die SDA-Bocconi sowie das IMD in der Schweiz bisher vergeblich aufzuschließen versucht haben.

Die Eliteschmieden sind dies- wie jenseits des Ozeans nur für Reiche erschwinglich, allerdings gibt es zahlreiche Institutionen, die Stipendien vergeben. Das IMD in der Schweiz zum Beispiel kostet 38.000 Franken, die London Business School 21.400 Pfund, Insead 145.000 Francs, die Iese 1.950.000 Pesetas und die SDA-Bocconi 30.000.000 Lire – jährliche Gebühren also zwischen 25.000 und 80.000 Mark.

Die meisten in solchen Eliteeinrichtungen ausgebildeten Manager und Administratoren halten ihr Leben lang Verbindung untereinander. Viele von ihnen treten in mitunter geheime Zirkel ein, in denen man den Potentaten der Welt gegenübersitzt und wo grenzüberschreitend gekungelt wird. So etwa der berühmte (nichtgeheime) Club „Trilateral“, wo sich US-Präsident Bill Clinton und Fiat-Chef Gianni Agnelli, Superbanker Paul Volcker und auch schon mal der umstrittene japanische Wirtschaftsboß Akio Morita treffen.

Besonders die Schweiz, aber auch Monte Carlo ist voll von solchen Gruppen. So etwa die Mont Pelerin Society, zu deren Gründern 1947 auch der US-Nationalökonom Milton Friedman gehörte und wo sich Ronald Reagan und Margret Thatcher gerne sehen ließen. Nicht selten mischen sich da auch kirchliche Institutionen ein, so zum Beispiel die Jesuitenhochschule Gregoriana in Rom. Eine Zeitlang schien ihr Stern zu verblassen, doch neuerdings haben sie sich durch allerlei enge Verbindungen – oft gemanagt durch Bischöfe und Kardinäle in aller Welt – Zugang zu wichtigen Managern verschafft und tauchen immer dort auf, wo sich die Elite tummelt. Sehr zum Leidwesen der direkten Konkurrenz im eigenen Laden, dem Opus Dei, das sich bis vor kurzem einsam an der Spitze der katholischen Elite in Politik und Wirtschaft wußte.W. R.