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Boat people zurück nach Vietnam

■ Bis Ende Juni sollen die Lager, in denen noch 40.000 VietnamesInnen leben, geschlossen werden. UNO und asiatische Länder wollen "Wirtschaftsmigranten" loswerden. Hanoi verspricht die Rücknahme

Berlin (taz) – Bis zum 31. Juni soll endgültig Schluß sein: Dann werden die Lager, in denen noch 40.000 Boat people in verschiedenen Ländern leben, dichtgemacht. Es sind überwiegend VietnamesInnen , die meisten befinden sich in Camps in Hongkong und Südostasien. Sie müssen zurück in ihre Heimat. Das bekräftigten die Vertreter von 32 Staaten, die am Wochenende in Bangkok unter der Ägide des UNO-Flüchtlingswerkes UNHCR zusammenkamen. Vertreter des UNHCR erklärten rundheraus, daß sie angesichts der großen Zahl der Flüchtlinge in anderen Teilen der Welt kein Interesse mehr hätten, die beschränkten Mittel der Organisation für die Boat people einzusetzen.

Zwanzig Jahre nach dem Ende des Vietnamkrieges ist die Chance der noch in den Lagern verbleibenden Boat people, doch noch nach Amerika, Australien oder Europa auswandern zu können, auf Null gesunken. Sie sind von der UNO nicht als Flüchtlinge anerkannt und in den vergangenen Jahren aufgefordert worden, sich freiwillig zurück nach Vietnam fliegen zu lassen. Ein 1989 begonnenes „freiwilliges Repatriierungsprogramm“ des UNHCR sah vor, daß Rückkehrer eine finanzielle Wiedereingliederungsbeihilfe erhalten sollten. Mitarbeiter der UNO wurden zudem dafür abgestellt, zu überwachen, daß die HeimkehrerInnen keinen politischen Repressionen ausgesetzt wurden.

Allerdings zeigte sich Vietnam zumeist nur zögernd bereit, die Rückkehrer wieder aufzunehmen: Die Behörden des Landes verschleppten die Kontrolle ihrer Papiere. Hanoi forderte von der internationalen Gemeinschaft immer wieder finanzielle Hilfen als Voraussetzung dafür, daß es seine BürgerInnen wieder akzeptierte.

Über 73.000 Boat people kehrten bislang als „Freiwillige“ nach Vietnam zurück. Doch das Ziel der UNO, bis zum Ende des vergangenen Jahres alle Lagerinsassen zur Heimkehr zu überreden, wurde nicht erreicht. Dafür machten die asiatischen Teilnehmer der Bangkoker Konferenz und das UNHCR vor allem die USA verantwortlich: Als US-amerikanische Kongreßabgeordnete im Mai vergangenen Jahres verkündeten, daß man die VietnamesInnen nicht so einfach zurückschicken dürfe, sondern ihr Asylbegehren erneut überprüfen solle, schöpften die vietnamesischen LagerbewohnerInnen erneut Hoffnung. Sie stiegen aus dem Rückkehrerprogramm aus.

Die Vertreter des südostasiatischen Staatenverbandes Asean, in deren Ländern ein großer Teil der Boat people leben, machten am Montag klar, daß alle Boat people zunächst zurück nach Vietnam geschickt werden sollen. Dort könnten sie sich dann für das sogenannte „Orderly Departure Program“ registrieren lassen, mit dem im vergangenen Jahr über 41.000 VietnamesInnen ganz offiziell ausreisen durften. Vietnam, das seit 1995 Asean-Mitglied ist, erklärte sich auf Druck der Nachbarländer bereit, die Boat people schneller als bisher wieder aufzunehmen. Jutta Lietsch

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