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Heftiger Rückschlag

■ Gefangenenaustausch in Bosnien geplatzt. Wahltermin steht in Frage

Sarajevo/Stockholm (dpa/AP/ taz) – Der Friedensprozeß in Bosnien hat gestern seinen ersten größeren Rückschlag erlitten. Die bosnische Regierung ließ den geplanten Austausch von rund 900 Kriegsgefangenen platzen. Als Begründung führte sie an, daß die Serben nicht, wie von Sarajevo gefordert, Auskunft über das Schicksal von über 24.000 Vermißten des Bosnien-Krieges gegeben hätten. Nach Angaben des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz wurden nur wenige Gefangene zwischen Serben und Kroaten im Westen Bosniens ausgetauscht. Laut Dayton-Abkommen sollen alle Gefangenen bis zum 19. Januar freikommen.

In Stockholm haben gestern mehr als 100 internationale Experten unter Federführung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) über die Vorbereitung von Wahlen in Bosnien beraten. Der Koordinator für den Wiederaufbau in Bosnien, Carl Bildt, sagte auf der Konferenz, er halte die im Friedensvertrag angepeilte Frist von fünf Monaten bis zu den Wahlen für „nicht realistisch“. Wahlen werde es voraussichtlich erst im Herbst geben können. Skeptisch äußerte sich auch der bosnische Außenminister Muhamed Saćirbey. Das größte Hindernis für eine Beschleunigung der Wahlvorbereitungen sei die enorme Zahl der Flüchtlinge. „Das Wichtigste ist nicht, überhaupt Wahlen abzuhalten, sondern freie, gerechte und demokratische Wahlen“, sagte Saćirbey.

Unterdessen setzten die Kriegsparteien den Abzug aus den vordersten Frontlinien fort. Die Führung der Ifor zeigte sich “äußerst zufrieden“ mit der Räumung des jeweils zwei Kilometer breiten Frontstreifens, die bis Freitag dieser Woche abgeschlossen sein soll.

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