: Verhandeln bis zur letzten Minute
■ Gespräche auf heute vertagt. Keine Einigung zwischen SPD und CDU über neuen Ressortzuschnitt
Die Delegierten von SPD und CDU werden wohl erst wenige Stunden vor Beginn ihrer heutigen Landesparteitage erfahren, ob sie überhaupt gebraucht werden. Denn nachdem die Parteien gestern ihre Gespräche über die Ressortverteilung in einem neuen Senat ergebnislos auf heute vertagten, ist unklar, ob die Delegierten wie geplant über die Koalitionsvereinbarung abstimmen werden.
Das gestrige Treffen war auf Drängen des SPD-Landesausschusses zustande gekommen, der am Montag abend nach rund vier Stunden neue Verhandlungen mit der CDU über die Ressorts Inneres oder Finanzen gefordert hatte. Beide waren nach den Koalitionsgesprächen vom Wochenende der CDU zugeschlagen worden, nachdem die CDU der SPD erfolglos das Ressort Finanzen angeboten hatte.
Nach der zweistündigen Sitzung im Arbeitszimmer des Regierenden Bürgermeisters Eberhard Diepgen (CDU) im Roten Rathaus gaben sich die Delegationsmitglieder wortkarg. Das Mienenspiel einiger Akteure verriet aber, daß die Verhandlungen schwieriger als erwartet verliefen. CDU- Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky, der das Treffen nach rund einer Stunde verlassen mußte, konnte seinen Ärger nur mühsam unterdrücken. Er fühle sich von der SPD „getäuscht“. Die SPD habe zuvor den Tausch ihres Justiz- gegen das von der CDU gehaltene Innenressort vorgeschlagen. Außerdem sei das Herausschneiden des Ressorts Gesundheit aus der SPD-Senats-Superverwaltung Arbeit und Soziales angeboten worden. Die Herausgabe des Innenressorts, das von der CDU besetzt werden soll, komme aber nicht in Frage.
Möglicherweise pokert die SPD hoch, um sich am Ende mit Finanzen zu begnügen. Intern war wiederholt folgende Variante diskutiert worden: Das Finanzressort geht an die SPD und wird durch die Zuständigkeit für Personal und Stellen aufgewertet, für das die Innenverwaltung bislang zuständig ist.
Auf die Frage, ob er am heutigen Dienstag mit einer Vereinbarung rechne, erklärte gestern Diepgen lapidar: „Ich hoffe.“ Der Regierende und CDU-Landesvorsitzende hatte zusammen mit Landowsky und Generalsekretär Dieter Ernst einer fünfköpfigen SPD- Delegation gegenübergesessen. Über Gefühle, meinte Diepgen auf dem Weg zu seinem Dienstwagen, wolle er „im Augenblick“ nicht reden – „das macht doch alles keinen Sinn“.
Vor Beginn der Sitzung hatte die SPD-Delegation ihr Vorgehen mit führenden Parteimitgliedern im Dienstzimmer der Arbeitssenatorin und Bürgermeisterin Christine Bergmann beraten.
Gesichtet wurde in den Räumen auch die Exspitzenkandidatin und Sozialsenatorin Ingrid Stahmer, die sich in den letzten Tagen gleich für mehrere Regierungsposten ins Spiel gebracht und damit Unmut in ihrer Partei ausgelöst hatte. Nach dem Ressortzuschnitt sehe es wohl so aus, „daß ich nicht dabei bin“. Mit ein Grund sei die Quotenregelung ihrer Partei, behauptete sie: Drei Frauen unter vier SPD-SenatorInnen sei offenbar für die Partei ausgeschlossen. Sie sei traurig, daß die SPD sie nicht mit „offenen und klaren Worten“ zum Rücktritt aufgefordert habe. Nun sehe es so aus, als solle dies auf Umwegen geschehen. Severin Weiland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen