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■ Gebärende Frauen im britischen Knast nicht mehr in KettenFesseln erst wieder nach der Geburt

Die britische Gefängnisbehörde hat eine gute Entscheidung getroffen: Gefangenen Frauen sollen bei Einsetzen der Geburtswehen künftig die Ketten abgenommen werden, männliche Aufseher müssen vor die Tür. Die Richtlinien, die noch in dieser Woche veröffentlicht werden, sollen eine „humanere Definition des Begriffs Geburtswehen“ enthalten. Freilich darf man dabei die Sicherheit, den Schutz der Bürger vor Verbrechern, nicht aus den Augen verlieren.

So könnte man der Schwangeren die Ketten abnehmen, wenn die Wehen alle acht Minuten kommen. Verringert sich der Abstand auf fünf Minuten, sollte der Gefängniswärter den Kreißsaal verlassen. Wollte sich die Gefangene dann auf und davon machen, käme sie nicht weit, weil sie während einer Wehe nicht so schnell laufen kann. Für diese Erleichterungen müssen die schwangeren Gefangenen allerdings auch Entgegenkommen zeigen: Lassen die Geburtswehen nach oder kommen nur noch unregelmäßig, müssen sie sofort den Wärter rufen, damit er sie wieder

ankettet.

Die Frage ist: Was passiert nach der Geburt? Die Frau in Cheshire blieb auch beim Stillen angekettet, das Neugeborene jedoch nicht – zu Recht. Schließlich war es ja noch nicht strafmündig, als die Tat begangen wurde, selbst wenn es in gewisser Weise dabei war. Hier haben die britischen Behörden bereits vorexerziert, daß man den Begriff „Mittäterschaft“ durchaus human und flexibel handhaben kann. Dasselbe wäre nun bei dem Begriff „Geburtswehe“ zu wünschen, nennt sich die zuständige Behörde doch „Prison Service“ – und da kann man minimale Standards erwarten. Das Risiko, daß eine Schwangere die Wehen nur vortäuscht, läßt sich natürlich nicht völlig ausschließen. Aber im Sinne der menschlichen Behandlung von verbrecherischen Schwangeren muß die Gesellschaft dieses Risiko in Kauf nehmen.

Ann Widdecombe, die zuständige Staatssekretärin, hat sich beim Parlament für ihre „irreführende Behauptung“ entschuldigt, wonach das Whittington- Krankenhaus in London keine Einwände gegen das Anketten von schwangeren Gefangenen geäußert hätte. Woher hätte Widdecombe wissen sollen, daß der Krankenhausvorstand schon seit Ende August Dutzende Male telefonisch und schriftlich beim Ministerium gegen diese Behandlung protestiert hat? Man kann Frau Widdecombe ja nicht an ihren Briefkasten ketten. Ralf Sotscheck, Dublin

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