: Weizman fordert Kampf gegen Nazis
■ Israels Staatspräsident spricht vor dem Bundestag: „Jahrhundert des Todes und der Rückkehr zum Leben“
Berlin (AP/epd/taz) – Seit Gründung der Bundesrepublik hat noch kein Staatsoberhaupt jemals einen so durch jahrtausendjährige Geschichte streifenden Vortrag vor dem Bundestag gehalten wie gestern der israelische Staatspräsident Eser Weizman. „Mit dem Rucksack der Erinnerung auf meinen Schultern und dem Stab der Hoffnung in den Händen“ sei er nach Deutschland gekommen, so Weizman. Der viertägige Besuch falle ihm nicht leicht, sagte er, denn es sei schwer, „die Erinnerungen zu hören und die Stimmen, die zu mir von der Erde schreien“.
In seiner Ansprache verwies der Präsident auch auf den ambivalenten Charakter des 20. Jahrhunderts für das jüdische Volk. Neben dem „furchtbaren Jahrhundert des Todes“ sei es „auch das Jahrhundert der Rückkehr zum Leben, der Wiedergeburt, der Unabhängigkeit und schließlich der Chancen zum Frieden“. Derzeit befinde sich Israel auf dem Höhepunkt einer „ermutigenden und bewegenden Entwicklung“, die jedoch zugleich auch „besorgniserregend und beängstigend“ sei.
Das israelische Staatsoberhaupt appellierte an die Vertreter von Bundestag und Bundesrat, „daß Sie in Ihrem Wissen um die Vergangenheit Ihre Sinne auch auf die Zukunft richten. Daß Sie jede Regung des Rassismus wahrnehmen und jede Regung des Neonazismus zerschlagen. Daß Sie diese Elemente mutig zu erkennen wissen und von der Wurzel her ausreißen, auf daß sie nicht wachsen und Zweige und Wipfel bekommen.“ Mit besonderer Aufmerksamkeit wurde Weizmans Rede auch deshalb bedacht, weil er am Tag zuvor die Juden in Deutschland aufgefordert hatte, nach Israel auszuwandern. Rita Süssmuth antwortete gestern in ihrer Begrüßungsrede indirekt: „Jüdisches Geistesleben ist wieder in Deutschland vertreten. Es begegnet uns in lebendigen jüdischen Gemeinden. Daher gilt jenen unser besonderer Dank, die hier den Willen und die Kraft aufgebracht haben, unserer Demokratie zu vertrauen.“
Bewegung brachte Weizmans Visite auch in die peinliche Rentendiskussion für etwa 35.000 deutschstämmige Juden aus Osteuropa, die heute in Israel und den USA leben. Nachdem am Montag auch die Spitzen von CDU/CSU und FDP Zustimmung signalisierten, ist damit zu rechnen, daß die entsprechenden Gesetze schon morgen ratifiziert werden können.
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