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Wenn Polizisten schweigen...

■ Polizeiskandale sind keine Einzelfälle: Fast überall gerieren sich Polizeibeamte fremdenfeindlich. Das belegt eine interne Studie der Polizeiakademie in Hiltrup

Berlin (taz) – Nun haben sie es amtlich und zudem selbst herausgefunden: Unter Deutschlands Polizisten herrschen die Brudergesetze der Mafia. Wird ihnen der Vorwurf gemacht, sie seien fremdenfeindlich eingestellt, schweigen sie, halten fest zusammen und wälzen die Verantwortung gern auf andere ab. Selbst wenn sie weiterhin wollten, seit gestern können die Landesinnenminister es nicht länger leugnen: Polizeiübergriffe auf Ausländer sind keine Einzelfälle, Selbstjustiz auf deutschen Wachen ist nicht die Ausnahme.

Zu diesem Egebnis kommt eine Studie, die die Landesinnenminister bei der Führungsakademie der Polizei in Hiltrup in Auftrag gaben und die bereits im Juli vergangenen Jahres fertiggestellt wurde. Seither lag sie in der Schublade, angeblich war im Februar ihre Veröffentlichung vorgesehen.

Die Autoren der Studie erheben schwere Vorwürfe gegen die örtlichen Polizeileitungen: „Das Vertrauen in die Polizeiführung ist gestört, die bestehenden Probleme werden verharmlost oder beschönigt, all das erzeugt ein hohes Maß an Frustration und teilweise auch Resignation.“ So würden Polizisten, die ihrer Einsatzleitung nicht paßten, in sogenannte „Strafbataillone“ versetzt. Und diese Wachen geraten häufig in die Schlagzeilen. In Hamburg ist es die berüchtigte Wache 11, zuständig für Einsätze rund um den Hauptbahnhof. Scheinhinrichtungen am Freihafen werden den Beamten vorgeworfen, sie sollen wehrlose Gefangene mit Tränengas besprüht haben. Nur gegen einen Beamten laufen derzeit die Ermittlungen.

In Berlin wurde im vergangenen Jahr eine eigens zur Aufklärung fremdenfeindlicher Delikte eingesetzte Ermittlergruppe wieder aufgelöst. Oft reagierten auch die verantwortlichen Politiker nach dem Motto: Was nicht wahr sein kann, das nicht wahr sein darf.

Die Autoren fordern, Beamte mit schwierigen Einsätzen, etwa im Drogenbereich, regelmäßig mit pyschologischer Hilfe zu versorgen, in Stadtvierteln mit besonderen Problemen sollten sogenannte runde Tische entstehen. Konflikte mit Ausländern sollten in der gesamten Dienststelle besprochen werden. Vor allem aber sollten Anzeigen innerhalb der Polizei „schneller durch die Justiz bearbeitet werden“. Wie viele fremdenfeindliche Übergriffe täglich geschehen, hält die Studie nicht fest. Es könne sich nur um Einzelfälle handeln, versicherte Hermann Lutz, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei gegenüber der taz. Selbstjustiz bei der Polizei käme vor, aber „auch ein Polizist ist menschlich und mißbraucht manchmal das Recht“. Manfred Schuch, der Bündnis 90/Grüne im Innenausschuß des Bundestages vertritt, forderte, das Thema auf der nächsten Sitzung des Ausschusses zu behandeln. Annette Rogalla

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