: Hamburger Spontandemo nach dem Brand in Lübeck
Es wird wieder kälter. Nach der Brandkatastrophe in einem Lübecker Asylbewerberheim, deren Ursache vermutlich ein rassistisch motivierter Anschlag war, versammelten sich gestern rund fünfhundert Menschen vor dem Audimax der Hamburger Universität zu einer Spontan-Demonstration. Aufgerufen hatten verschiedene Gruppen der Uni und der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP); viele waren durch Telefonketten alarmiert worden.
„Wir werden nicht mehr zulassen, daß weiterhin ausländische Menschen in Deutschland ermordet werden“: Kämpferisch klangen die Durchsagen aus dem Lautsprecherwagen, nur schwach war das Echo aus dem Demo-Zug; manchen mag der Sinn nicht nach Parolen gestanden haben. Begleitet von einem minimalen Polizeiaufgebot marschierten die DemonstrantInnen am Dammtor vorbei Richtung Rathaus.
In Lübeck hatte sich zur selben Zeit eine erschütterte Menschenmenge vor der Brandruine im Hafenviertel an der Untertrave versammelt. Lübecks Oberbürgermeister Michael Bouteiller forderte Bleiberecht für die Menschen, die das Feuer überlebt hatten, und eine Änderung des Asylrechts. Er griff die Forderung der schwarzafrikanischen DemonstrantInnen auf und verlangte die Auflösung von Asylbewerber-Heimen: Flüchtlinge sollten in normalen Wohnungen untergebracht werden.
Der schleswig-holsteinische Innenminister Ekkehard Wienholz entblödete sich derweil nicht, den Brand eine „Heimsuchung“ zu nennen; Ministerpräsidentin Heide Simonis, die schleswig-holsteinischen und Hamburger Grünen sowie viele andere PolitikerInnen gaben ihr Mitleid und ihre Solidarität mit den Opfern kund.
Um 19 Uhr war der Brand noch nicht gelöscht, immer wieder flackerten im Haus Flammen auf. Bei Redaktionsschluß der taz hamburg wurden die drei unter Tatverdacht festgenommenen Männer immer noch von der Polizei verhört.
Eine weitere Kundgebung wird am morgigen Sonnabend um 12 Uhr in Hamburg vor dem Dammtor stattfinden, danach soll gemeinsam nach Lübeck zur dortigen Trauer- und Protest-Demonstration gefahren werden. Auf Ankündigungen achten! Ulrike Winkelmann
Foto: Knut Henkel
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