: „Saving the climate – that's my job“
■ Bei konsequenter Klimapolitik könnten in Deutschland 150.000 bis 210.000 zusätzliche Arbeitsplätze entstehen
Frankfurt/Main (taz) – 150.000 bis 210.000 neue Arbeitsplätze alleine in Westdeutschland könnten entstehen, wenn die C02-Emissionen tatsächlich bis zum Jahre 2005 konsequent um 20 Prozent reduziert würden. Bei einem parallelen Ausstieg aus der Atomenergie würden netto sogar republikweit bis zu 400.000 neue Jobs geschaffen. Diese Rechnung machten gestern Kai Schlegmilch vom Wuppertal Institut und der Klimaexperte des World Wide Fund for Nature (WWF) Deutschland, Stephan Singer, in Frankfurt auf. „Saving the climate – that's my job!“ Das soll das Motto für all die ArbeitnehmerInnen werden, die sich dann im Baugewerbe und seinen Zulieferfirmen, im Handwerk und im Maschinenbau in sicheren neuen Beschäftigungsverhältnissen an der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen beteiligen.
Gewonnen haben Schlegmilch und Singer ihre Erkenntnisse nach der Auswertung von rund einem Dutzend bereits vorliegender Untersuchungen. Bis auf eine Studie aus Köln hätten alle Institute bei der flächendeckenden Einführung vorsorgender Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einen Zuwachs an Arbeitsplätzen prognostiziert. Schlegmilch: „Wir wollen mit diesem Ergebnis den Widerstand gegen den Klimaschutz brechen. Klimaschutz verspricht eine doppelte Dividende: mehr Klimaschutz und mehr Arbeitsplätze.“
Doch es gäbe auch Verlierer. Heute noch existierende Arbeitsplätze auf dem Energieangebotssektor würden bei einer konsequent umgesetzten Wärmedämmung bei Altbauten, der Umrüstung von Heizsystemen, der Erhöhung des Fernwärmeanteils und der Strom-Wärme-Kopplung auf der Strecke bleiben. Doch Klimaschutzmaßnahmen in Kombination mit der Erhöhung regenerativer Energien seien so beschäftigungsintensiv, daß sich „netto“ der Jobzuwachs errechnen lasse.
Als Beispiel nannte Singer die Windenergie, deren Anteil an der Energieerzeugung in Deutschland 1995 rund ein Prozent betrug – bei 5.000 Beschäftigten. In der Atomindustrie arbeiten dagegen rund 50.000 Menschen, bei einem Anteil an der Energieerzeugung von 30 Prozent. Singers Schlußfolgerung: Würde der Anteil der Windenergie an der Energieerzeugung 30 Prozent betragen, kämen 150.000 Leute zu Lohn und Brot.
Singer nannte den gesunkenen Strompreis durch den Wegfall des Kohlepfennigs „kontraproduktiv“. Im Gegenteil müßten endlich Ökosteuern eingeführt und damit Klimaschutzmaßnahmen finanziert werden. Und es gelte die hohen Subventionen im konventionellen Energieerzeugungssektor abzubauen. Alleine dadurch, daß etwa die Chemieindustrie als Ölverarbeiter keine Mineralölsteuer zahle, gingen dem Fiskus jährlich 20 Milliarden Mark durch die Lappen. Klaus-Peter Klingelschmitt
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