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CDU-Chef Neumeyer will keinen Tunnel

■ Stackkamp-Trasse 250 Millionen günstiger / Angesichts Finanzmisere Projekte überprüfen

taz: Herr Neumeyer, der Beirat Hemelingen hat gestern mit den Stimmen der CDU den Bau des Tunnels gefordert. Sie waren dagegen. Wie bewerten Sie diese Entscheidung?

Ronald-Mike Neumeyer, Fraktionschef der CDU: Ich glaube, daß diese Entscheidung aus ortspolitischer Sicht ein nachvollziehbarer Beschluß ist.

Warum?

Die Hemelinger warten seit über 15 Jahren auf eine Lösung und nun fangen Politiker wie ich an, erneut über die Kosten dieses Tunnels nachzudenken. Ich kann verstehen, daß man vor Ort nicht bereit ist, neu nachzudenken. Vor dem Hintergrund, daß die Finanzeinnahmen massiv zurückgegangen sind, müssen Senat und Fraktion allerings alle Projekte nochmals hinterfragen.

Der Tunnel ist Ihnen zu teuer?

Ich bin der Auffassung, daß es sich lohnt, zu untersuchen, ob man den Tunnel nicht für sehr viel weniger Geld realisieren kann.

CDU-Bausenator Bernt Schulte hat vorgeschlagen, auf die zweite Tunnelröhre zu verzichten. Er will so 35 Millionen Mark sparen. Außerdem glaubt er, daß der Ausbau der Straßenbahnlinie 2 vertagt werden kann, um 100 Millionen Mark zu sparen. Reicht Ihnen das?

Herr Schulte hat als Bausenator eine fachliche Analyse gemacht. Danach soll der Tunnel die fachlich beste Lösung sein. Ich glaube, daß die Einsparungen von 30 bis 40 Millionen Mark, durch den Verzicht auf die zweite Tunnelröhre, am Ende nicht dem entsprechen würden, was man haben möchte. Ich glaube, daß man die Verlängerung der Straßenbahnlinie 2 nicht zwei Mal einsparen kann. Im Investitionssonderprogramm (ISP) ist die Verlängerung der Straßenbahnlinie 2 gar nicht mehr enthalten.

Was ist für Sie die Alternative in Hemelingen?

Wir haben die Stackkamp-Trasse untersuchen lassen. Diese Variante wäre 250 Millionen Mark günstiger. Die ortsansässigen Politiker und Bürger preferieren aber eindeutig den Tunnel. Es gibt aber noch eine andere Variante, und das wäre die Verlängerung der Hermann-Köhl-Straße in Richtung Norden. Es lohnt sich, diese Variante zu untersuchen.

Der Bausenator argumentiert, die Planungsmittel von 20 Millionen Mark für den Tunnel seien umsonst ausgegeben, wenn der Tunnel nicht gebaut würde.

Das Geld ist zum Teil auch für die Untersuchungen in bezug auf alternative Trassen ausgegeben worden. Und eine der alternativen Trassen ist eben die Stackkamp-Trasse. Es ist nur bei der Umweltverträglichkeitsstudie halt gemacht worden. Angesichts der Tatsache, daß man jetzt aktuell 250 Millionen Mark einsparen kann, lohnt es sich, diese schwierige Diskussion, der man sich auch im Stadtteil aussetzen muß, auszuhalten.

Über die Stackkamp-Trasse fahren allerdings nur 9.400 Autos – durch den Tunnel nur rollen täglich 18.000 Autos – argumentiert Schulte. Er schreibt dem Tunnel ein günstigeres Kosten-Nutzen-Verhältnis zu. Außerdem könne der Tunnel früher gebaut werden.

Der Tunnel ist finanziert über das ISP, und zwar in Teilraten bis ins Jahre 2004. Das heißt, das erste Auto kann auch erst im Jahre 2004 durch den Tunnel fahren und nicht – wie Schulte behauptet – im Jahre 2002. Das Argument zählt dann nicht mehr. Argument zwei: Die Frage, wieviel Verkehr nimmt welcher Weg auf. Dem möchte ich etwas entgegensetzen. Man kann niemals nur Trassen bauen. Man muß auch ansonsten verkehrslenkende Maßnahmen machen. Alle Varianten haben nur dann einen Sinn, wenn der Durchgangsverkehr aus Hemelingen herausgehalten wird. Und dann muß sich dieser Durchgangsverkehr, der sich jetzt durch den Stadtteil schlängelt, auf der Stacckamp-Trasse seinen Weg suchen.

Der Tunnel ist nächste Woche Thema im Senat. Mitte Februar tagt der Koalitionsausschuß. Ihre Prognose?

Ich gehe davon aus, daß der Senat am Dienstag keine Entscheidung fällt, weil noch nicht alle Planungsdaten zusammengefaßt sind. Ich hoffe, daß bis Mitte Februar alles vorliegt – insbesondere auch die Frage, extern untersucht, ob es nicht noch eine günstigere Lösung gibt. Fragen: Kerstin Schneider

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