: Desinfizierte Frühstückseier
■ Gifte beim Hühnerbaron Pohlmann: Warnung vor dem Goldhuhnei
Hannover (taz) – Bei Durchsuchungen in 16 Betrieben der Anton Pohlmann GmbH hat sich der Verdacht erhärtet, daß Europas größter Eierproduzent seine Hühner bei Bedarf mit Desinfektionsmitteln kuriert hat – die als Tierarzneimittel nicht zugelassen sind. Pohlmanns Goldhuhneier bleiben allerdings vorerst in den Supermarktregalen. Ein Sprecher der Oldenburger Staatsanwaltschaft, die gegen Pohlmann und seinen Sohn Stefan wegen gefährlicher Körperverletzung, Tierquälerei und wegen Verstößen gegen das Arznei- und Lebensmittelgesetz ermittelt, sagte gestern nach den Durchsuchungen: „Wir haben mehrere Kanister Nikotinsäure mit einer Menge aufgefunden, die für zwei Millionen Menschen tödlich wäre, und auch Unterlagen über das Silo-Reinigungsmittel Virkon-S, das nach Zeugenaussagen dem Futter der Tiere beigemischt worden sein soll.“ Trotzdem dürften die Pohlmann-Eier zunächst weiter verkauft werden. Denn: „Bisher haben wir nur den Anscheinsverdacht, daß auch der Verbraucher gefährdet sein könnte.“ Seit dem Urteil im Birkel-Flüssigeiskandal hafte eindeutig der Staat, wenn er Lebensmittel aus dem Verkehr ziehe und sich anschließend der Verdacht nicht erhärte.
Die Oldenburger Staatsanwaltschaft will deshalb zunächst die Ergebnisse der Untersuchung der Hünhnerkadaver und Eier- und Futterproben abwarten, die man bei den Durchsuchungen genommen hat. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wird für Mitte der kommenden Woche erwarten.
Das niedersächsische Landwirtschaftministerium hat jetzt die Verantwortlichen der PohlmannBetriebe lediglich noch einmal darauf hingewiesen, daß es strafbar ist, Lebensmittel in den Handel zu bringen, in denen sich als Tierarznei nicht zugelassene Stoffen nachweisen lassen. Zu einem Verkaufsverbot werde es wahrscheinlich dann kommen, wenn das Silo-Reinigungsmittel Virkon-S in Lebensmitteln nachgewiesen werden könne, so das Landwirtschaftsministerium in Hannover gestern.
Mit diesem Mittel soll der Eierproduzent von Salmonellen befallene Hühner innerlich desinfiziert haben. Nikotinsäure, die in den Betrieben zur Milbenbekämpfung eingesetzt wird, sei nicht auf den Boden und die Wände der Stallungen gespritzt worden, sondern direkt und in hohen Konzentrationen auf die Hünhner selbst.
Das Gift ist allerdings nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in sehr geringen Mengen sogar als Futterzusatz zugelassen. Daher müsse man bei einem Nachweis von Nikotin in Pohlmann- Produkten in jedem Fall auch noch prüfen, ob tatsächlich eine Gesundheitsgefahr für den Verbraucher besteht. Jürgen Voges
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