Niederlage für die Islamisten

■ Die Palästinenser wählten ihr erstes Parlament

Alles lief nach Plan: Jassir Arafat behält erwartungsgemäß die Zügel in der Hand. Seine Fatah-Organisation und die mit ihr verbundenen unabhängigen Kandidaten ziehen als Mehrheit in den neuen palästinensischen Legislativrat. Die islamistische und linke Opposition erleidet eine schwere Niederlage, nicht weil sie nicht in den neuen Rat gewählt wurde, sondern weil die überwiegende Mehrheit der PalästinenserInnen ihrem Aufruf, die Wahlen zu boykottieren, nicht gefolgt ist. Der Urnengang ist international als weitgehend frei und fair bezeichnet worden. Mit einem Satz: Das israelisch-palästinesische Autonomieabkommen von Oslo und die Folgevereinbarungen sind auf der ganzen Linie legitimiert.

Wenn nun allerdings die 700 teuer bezahlten internationalen Beobachter ihre Koffer packen und die Wahlplakate sich langsam im Winterregen aufzulösen beginnen, dann ist es an der Zeit, zur palästinensischen Realität zurückzukehren. Nach den Wahlen wird sich der Blick nun der gewählten Institution zuwenden. Dabei wird eines schnell deutlich: Der jetzt gewählte Legislativrat ist kaum dazu berufen, irgendwelchen konkreten Einfluß auf die laut Plan im Mai beginnenden Schlußverhandlungen über das zukünftige palästinensisch-israelische Verhältnis zu haben. Wenn's dann ums Ganze geht: den Status Jerusalems, die Zukunft der israelischen Siedlungen, die palästinensischen Flüchtlinge und die zukünftigen Grenzen – dann dürften immer noch ausschließlich der israelische Ministerpräsident Schimon Peres und PLO- Chef Arafat miteinander verhandeln.

Die Ausgangslage ist für die palästinensische Seite hierbei nicht besonders günstig. Gerade vier Prozent des Westjordanlandes befinden sich heute unter voller palästinensischer legislativer Kontrolle, und in 27 Prozent des Westjordanlandes haben die Palästinenser eine begrenzte Autorität. Der Rest befindet sich unter vollständiger israelischer Kontrolle. Auch der gestrige israelische Truppenaufmarsch in Ost-Jerusalem dient wohl keineswegs dazu, die Hoffnungen auf ein palästinensisches Jerusalem zu schüren. Ganz zu schweigen von den Tausenden von Hektar konfisziertem Land, die in den letzten Monaten den Umgehungsstraßen für die israelischen Siedlungen zum Opfer gefallen ist. Wer Siedlungen aufgeben will, baut kein Straßennetz für Siedler. Da gibt es für Arafat mit oder ohne seinen neu gewählten Legislativrat wenig Spielraum, die jetzt unter den PalästinenserInnen angestauten Hoffnungen zu erfüllen. Karim El-Gawhary, Ramallah