: Senat unterliegt vor Arbeitsgericht
■ Kündigung von Manfred Mayer-Schwinkendorf ist unwirksam
Manfred Mayer-Schwinkendorf, der von der Großen Koalition gefeuerte Leiter der Bremer Landesvertretung bei der Europäischen Union in Brüssel, hat seinen Arbeitsgerichtsprozeß gegen den Senat gewonnen. „Das Arbeitsverhältnis ist nicht aufgelöst“, urteilte das Gericht gestern. Damit kann sich der von Klaus Wedemeier auf den Brüsseler Posten gehievte ehemalige Justiz-Staatsrat zu seinen Ruhestandsbezügen von rund 10.000 Mark im Monat jetzt auch noch auf eine satte Abfindung von bis zu 400.000 Mark freuen. Und die Senatskommission für das Personalwesen (SKP) muß entscheiden, ob sie gleich zahlt oder noch in die nächste Instanz geht.
„Es wäre ja noch schöner, wenn bei einem Senatswechsel alle BAT-1a-Stellen ausgewechselt würden.“ Mit diesem Satz kommentierte Arbeitsrichter Adolf Claussen in der mündlichen Verhandlung den Brief der SKP mit dem fristlosen Rausschmiß des Büro-Leiters in Brüssel. Der war nämlich damit begründet worden, daß der inzwischen für Europaangelegenheiten zuständige Senator Hartmut Perschau (CDU) nicht mehr das erforderliche „besonderes Vertrauensverhältnis“ zu dem Sozialdemokraten Mayer-Schwinkendorf habe. „Das Gericht hat erhebliche Probleme damit, einen Senatswechsel als wichtigen Grund im Sinne des Arbeitsrechts anzusehen“, mußte sich der Vertreter der SKP vor Gericht, Joachim Kahnert, sagen lassen.
Doch selbst wenn das Arbeitsgericht mangelndes Vertrauen als wichtigen Grund akzeptieren würde, hätte der Arbeitsvertrag mit dem Brüssel-Vertreter nicht so einfach beendet werden können. Der war nämlich im November 1994 vom Ampel-Senat auf fünf Jahre befristet abgeschlossen worden – „und bei einem befristeten Arbeitsvertrag ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen“, erklärte Arbeitsrichter Claussen. Die entscheidende Frage sei deswegen: „Wie kann man bloß kurz vor der Wahl einen Vertrag für einen Posten mit einem besonderen Vertrauensverhältnis über fünf Jahre abschließen?“
„Anders hätten wir Mayer-Schwinkendorf doch gar nicht bekommen“, erklärte Klaus Wedemeier gestern seine Gründe gegenüber der taz. Wedemeier hatte seinen Freund und langjährigen politischen Weggefährten im Sommer 1994 gegen den Widerstand der Ampel-Koalitionspartner ohne öffentliche Ausschreibung nach Brüssel berufen. Sein Nachfolger wird zur Zeit noch gesucht, diesmal mit Ausschreibung. Nach dem Arbeitsgerichtsurteil nun Manfred Mayer-Schwinkendorf zu seinem eigenen Nachfolger zu machen – das hält der zuständige Wirtschaftssenator Hartmut Perschau allerdings für ausgeschlossen. „Ich bin froh, daß ich dieses Problem bei meinem Amtsantritt an die Senatskanzlei abgegeben habe“, sagte er gestern. Ase
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