: ÖTV läßt Solidarpakt-Termin platzen
■ Gewerkschaft „verärgert“ über Senat / DAG-Chefin Dreyer: „Ich bekomme eine Mehrheit“
„Verärgert“ hat gestern die Gewerkschaft ÖTV die nächste Runde von Gesprächen über den „Solidarpakt“, zu denen der Staatsrat Johannes Beermann (CDU) als Verhandlungsführer der Kommunalen Arbeitgeberverbände (KAV) eingeladen hatte, abgesagt. Über „Lohnkürzungen“ wollte der Senatsvertreter mit der ÖTV am 1. Februar verhandeln, erläuterte die Gewerkschaft, aber sowas sei „mit der Gewerkschaft ÖTV nicht zu machen“. Besonders hatte der Staatsrat die Gewerkschaft mit einem „Positionspapier“ provoziert, in dem Abstriche von dem geltenden Tarifvertrag vorgeschlagen wurden: „Wegfall des Verheiratetenzuschlages“ und Absenkung der Eingangsbezahlung“ steht in dem einseitigen Papier. Der stellvertretende ÖTV-Chef Jan Kahmann weiß, daß seine Position von den anderen DGB-Gewerkschaften, die zu der Verhandlungsrunde gar nicht erst eingeladen waren, geteilt wird. „Sowas ist nicht verhandlungsfähig“, stellt auch GEW-Sprecher Heiko Gosch klar, „Eingriffe in Besitzstände und geltende Tarifverträge machen wir nicht mit“.
Auch ein anderer Satz erzürnt die Gewerkschaften: Der Senat will, so schreibt Beermann, „ohne Tabus und ohne Vorbedingungen in Verhandlungen eintreten“. Genau das wollen die Gewerkschaften nicht: Bevor ihre Organe entscheiden, ob die Gewerkschaft überhaupt verhandeln soll, müßten die Verhandlungsgegenstände genauestens festgelegt sein, versichert die ÖTV. Zum Beispiel über den Verheiratetenzuschlag wolle man gar nicht erst reden. Wer sowas in Frage stelle, zürnt der ÖTV-Mann, der „verunsichert die Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes“ und „disqualifiziert sich als Chef der Personalbehörde“.
Sprechen wollen die Gewerkschafter aber dennoch – nur in einem anderen Rahmen. Am kommenden Montag werden die Vorgespräche im Rathaus, zu denen Staatsrat Hoffmann (SPD) eingeladen hat, fortgesetzt. Dabei geht es den Gewerkschaften um ein „Bündnis für Arbeit“ in dem Sinne, daß der vom Senat geplante Stellenabbau vermieden werden soll. Verhandelbar für die Gewerkschafter ist dabei nur, ob der Lohnzuwachs, der in diesem Jahr bundesweit in den Tarifauseinandersetzungen herausgehandelt wird, für Bremen ganz oder teilweise in Freizeit umgemünzt werden soll.
Die DAG-Bezirksvorsitzende Brigitte Deyer geht derweil einen Schritt weiter: „Für mich ist das Thema Solidarpakt erst einmal erledigt“, schimpft sie. Anlaß für ihren Zorn sind die Beschlüsse des Senats, der 900 Millionen Mark ausgeben will für den Hemelinger Tunnel, die Straßenbahn-Linie 4 und Messehallen. „Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes – so verstehe ich Solidarpakt nicht“, versicherte sie: „Irgendjemand muß mal sagen: Stop!“ Die Position von Dreyer hat in der DAG-Bundespitze für Aufregung gesorgt und auch der Landesvorstand in Hannover war alles andere als einverstanden. DAG-Sekretär Hieltscher versicherte, das sei nicht die DAG-Position, sondern „Privatmeinung von Brigitte Dreyer“, was sie da geäußert habe. Aber Dreyer will für ihre Position kämpfen: „Ich bin überzeugt, ich bekomme am 30. Januar im Bezirksvorstand eine Mehrheit für meine Haltung.“ K.W.
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