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So wahr uns Gott helfe

■ Neuer Senat gewählt. Diepgen mit schlechtem Ergebnis

Kaum war das Wahlergebnis für Eberhard Diepgen verkündet, da begann die Suche nach den Abweichlern in den eigenen Reihen. 123 Abgeordnete – und damit 17 weniger als für CDU und SPD gestern auf den Bänken im Preußischen Landtag saßen – hatten dem Regierenden Bürgermeister wieder zum Amt verholfen. Den Schwarzen Peter wollten sich die Sozialdemokraten nicht alleine in die Schuhe schieben lassen. Eine ganze Reihe müßten sich bei der CDU verweigert haben, mutmaßte SPD-Fraktionssprecher Hans-Peter Stadtmüller.

Diepgens Schlappe unterboten gestern nur noch zwei Männer: der zum linken Flügel seiner Partei gehörende neue Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) erhielt nur 110 von 204 abgegebenen Stimmen, Jürgen Klemann (Bauen) kam mit 111 Jastimmen auf das schlechteste Ergebnis der CDU-Kandidaten und heimste unter allen Kandidaten die höchste Zahl an Gegenstimmen ein (87).

Am besten schnitten Christine Bergmann (Arbeit, SPD) und die aus Westdeutschland nach Berlin gewechselte Annette Fugmann- Heesing (Finanzen, SPD) ab: auf beide entfielen jeweils 140 Stimmen. Dahinter plazierte sich die alte und neue Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD) mit 139 Stimmen. Gut schnitt auch der Ex-Bundeswehrgeneral Jörg Schönbohm (Inneres, CDU) ab, für den sich 133 Parlamentarier entschieden. Die neue Inhaberin des Gesundheitsressorts, die Ostberlinerin Beate Hübner (CDU), kam auf 128 Stimmen.

In der Mittellage trafen sich Ex- SPD-Spitzenkandidatin und Berlins neue Schulsenatorin Ingrid Stahmer (125 Stimmen), Kultur und Wissenschafts-Senator Peter Radunski (CDU, 124 Stimmen). Ex-CDU-Finanzsenator Elmar Pieroth (jetzt Wirtschaft) fand Gefallen bei 122 Abgeordneten. Im Anschluß an seine Vereidigung am frühen Abend trat der neue Senat zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen.

Am Nachmittag hatten sich die vier Neulinge vorgestellt. Die Finanzsenatorin Fugmann-Heesing nutzte die Gunst der Stunde für eine erste programmatische Rede. Im „Dialog mit allen in der Stadt“ müßten die Sparziele erreicht werden. Bei den Bündnisgrünen und der PDS hoffe sie nicht nur auf Verständnis zu treffen, sondern in dem „einen oder anderen Punkt“ auch Übereinstimmung zu erzielen. Finanzpolitik müsse so gestaltet werden, daß sie auch künftigen Generationen Spielraum für Gestaltungsmöglichkeiten lasse.

Innensenator Schönbohm nannte die Polizei- und Verwaltungsreform und die Fusion mit Brandenburg als Schwerpunkte seiner Arbeit. Mit seinen Eingangsworten löste der 58jährige Heiterkeit aus, als er erklärte: „Ich stelle mich Ihnen jetzt vor, aber kennenlernen werden Sie mich wohl erst später.“ Beate Hübner mahnte „intelligente Wege“ an, um trotz des Sparzwangs weiterhin die soziale Sicherheit zu gewährleisten. Stadtentwicklungssenator Strieder wandte sich gegen Bestrebungen, die Stadt zum „ästhetischen Selbstzweck“ zu erheben. Severin Weiland

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