Optimismus in großer Not über den Vulkan

■ Notlüge über Sondersitzung des Senats / Ein Brief aus Brüssel / Neue Kredite?

Als Bremer Bürgermeister und Finanzsenator muß man derzeit über den Bremer Vulkan Optimismus verbreiten, auch wenn es hart über den Rand der eigenen Glaubwürdigkeit geht. Am Donnerstag gegen Mittag war plötzlich die Senatsbank fast leergefegt – überstürzte Sondersitzung der Landesregierung war angesagt. Es ging, wie Senatspressesprecher Sondergeld nach kurzem verlegenen Nachdenken versicherte, um das Nachbessern eines Senatsbeschlusses „zur Linie 4". Die Notlüge ist verzeihlich: Thema war natürlich der Vulkan, und es ging um mehr als die Spekulation um einen neuen 200-Millionen-Kredit. Brüssel hatte eine Stellungnahme zu den neuen Staatshilfen für den Werftenverbund verlangt, denn die sind nach EU-Recht eigentlich verboten.

Finanzsenator Ulrich Nölle (CDU), am Tag nach dieser aufgeregten Krisensitzung auf die Bürgschaften angesprochen, verbreitete Naivität und gute Laune: Das mit den jüngsten Landesbürgschaften für den Vulkan verbundene Risiko sei „äußerst gering“, meinte er. Von Radio 107.1 am Morgen gefragt, versicherte Nölle, was aus Gründen der Legalität eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein müßte: „Wir geben Bürgschaften, um ein Schiff fertigzustellen, und nicht um Betriebsmittel abzusichern.“

Selbst für den Fall, daß der Vulkan-Konzern Konkurs geht, hält der Finanzsenator die Fälligkeit der Bürgschaft für „völlig ausgeschlossen“. Denn wenn die Schiffe ausgeliefert würden, würde die Bürgschaft gegenstandslos. Dies aber gerade ist das Problem: Die jüngste Bürgschaft in Höhe von 220 Millionen Mark galt der Bauzeitfinanzierung des Kreuzfahrtschiffes „Costa 2“ für die italienische Costa-Reederei, der Bau ist aber gerade erst begonnen worden und nicht einmal die Hälfte der 220 Millionen, die Bremen verbürgt, sind verbaut. Im Falle eines Konkurses des Konzerns würde man feststellen müssen, wo das Geld aus der Bremer Bürgschaft geblieben ist, und da dieses Schiff aller Voraussicht nach nicht mehr fertig würde, wäre diese Bürgschaft sofort fällig. Offenbar hat auch Nölle inzwischen den Eindruck, daß das nicht alles ist: „Ich hoffe, daß der Vulkan uns gegenüber sehr offen ist“, formulierte Nölle, „und wir können nur das zur Grundlage machen, was wir vom Vorstand bekommen.“

Nölle bestätigte, was der grüne Wirtschaftspolitiker Ralf Fücks dem Senat vorgeworfen hatte: die bisherigen Bürgschaften in Höhe von ca. 700 Millionen sind gegeben worden, ohne daß die Zukunft der Bremer Arbeitsplätze auch nur angesprochen worden ist. Doch Nölle hofft weiterhin: „Zur Zeit ist es ganz wichtig, daß der Vorstand sofort ein Konzept über den weiteren Vulkan-Verbund auf den Tisch legt.“ Alle Experten gehen davon aus, daß ein Konzept den massiven Abbau von Arbeitsplätzen auf den Bremer Schiffbaubetrieben und kurzfristig das Aus für mindestens einen der drei Standorte bedeuten wird. K.W.