Grüner Kandidat gerät ins Stolpern

■ Ob die Schöneberger Grünen an Manfred Rabatsch festhalten, ist ungewiß

Kaum hatten die Schöneberger Grünen ihren Kandidaten für das Amt des Jugendstadtrats nominiert, da geriet Manfred Rabatsch in die Schlagzeilen. Ein Fall von Kindesmißhandlung, die in seinen Verantwortungsbereich als Leiter des Jugendamtes von Prenzlauer Berg fiel, könnte ihn jetzt das Amt kosten. SPD und CDU haben bereits erklärt, daß sie ihn nicht wählen werden.

Auch die BVV-Fraktion der Schöneberger Grünen sah sich nach einer Aussprache mit Rabatsch am Montag abend nicht in der Lage, den 55jährigen am heutigen Mittwoch in der BVV zur Wahl zu stellen. Zwar war sich die Fraktion weitgehend einig, „daß ihm substantiell nichts vorzuwerfen ist“, erklärte gestern Peter Kaufmann vom Schöneberger Parteivorstand. Allerdings seien bei vielen Zweifel an seinem Umgang mit Konflikten zurückgeblieben. Die Fraktion hat auch Bedenken, daß Rabatsch durch die Vorwürfe so stark „beschädigt“ ist, daß dies seine Arbeit als Jugendstadtrat belasten würde. Eine Entscheidung darüber, ob die Grünen an Rabatsch festhalten, soll jetzt auf einer Mitgliedervollversammlung am 20. Februar fallen.

Die umstrittene Entscheidung, an der drei Berliner Jugendämter und ein Großheim beteiligt waren, liegt bereits vier Jahre zurück. Die damals achtjährige Nina war ihrer Pflegefamilie weggenommen und zu ihren leiblichen Eltern zurückgeschickt worden, obwohl diese sie früher schon mißhandelt hatten. Die überforderte Mutter hatte das Mädchen kurz darauf für zehn Sekunden in eine Wanne mit kochendem Wasser gedrückt. Der Ehemann stand untätig daneben. Die Eltern wurden im Juni 1994 zu zwei Jahren und 15 Monaten auf Bewährung verurteilt.

Aufgrund öffentlicher Vorwürfe hatte Rabatsch im September 1994 ein Disziplinarverfahren gegen sich selbst beantragt. Das Bezirksamt Prenzlauer Berg hatte dies wegen des fehlenden Verdachts eines Dienstvergehens aber gar nicht erst eingeleitet. Auch staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen Bedienstete des Jugendamtes wurden eingestellt.

„Wenn er bei seiner Vorstellung auf den Fall eingegangen wäre, würde es uns leichter fallen, uns hinter ihn zu stellen“, erklärte gestern Jasenka Villbrandt vom Parteivorstand. Rabatsch selbst hatte „keinen Anlaß“ gesehen, diesen Fall in seiner zehnminütigen Vorstellungsrede anzusprechen. „Ich hatte weder auch nur einen Gedanken an das Thema, noch hat es mit meiner politischen Praxis zu tun“, schrieb er in einer Erklärung. Allerdings hatten auch einige der anwesenden Grünen, denen der Fall bekannt war, diesen nicht thematisiert.

Als völlig unproblematisch bewerten die Grünen einen weiteren Vorwurf. Rabatsch war vor einem Jahr seines Amtes enthoben worden, weil er angeblich einen offenen Brief von Mitarbeitern des Jugendamtes an die taz weitergeleitet haben sollte. In dem Schreiben hatten diese Bedenken gegen den neuen Jugendamtsdirektor geäußert. Daraufhin hatte er erfolgreich gegen seine Entlassung geklagt. Trotz der Auseinandersetzungen um Rabatsch soll in der heutigen BVV eine rot-grüne Zählgemeinschaft die Grüne Elisabeth Ziemer zur Bürgermeisterin und SPD-Mann Otto Edel zum Baustadtrat wählen. Dorothee Winden