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Vorschlagsrecht gilt für alle Fraktionen

■ Bündnisgrüne siegen vor Gericht im Vizepräsidenten-Streit des Parlaments

Die Wahl der Vizepräsidenten des Abgeordnetenhauses muß voraussichtlich wiederholt werden. Das Landesverfassungsgericht hat in einem gestern veröffentlichten Bescheid entschieden, daß jeder Fraktion ein Vorschlagsrecht für die Wahl der Vizepräsidenten zusteht.

Damit gab das Gericht einer Klage der Fraktion der Bündnisgrünen statt. Auf der konstituierenden Sitzung des Abgeordnetenhauses am 30. November war die Kandidatur der bündnisgrünen Renate Künast abgelehnt worden. Parlamentspräsident Herwig Haase (CDU) hatte sich auf das d‘Hondtsche Höchstzahlverfahren berufen, wonach nur die drei stärksten Fraktionen des Abgeordnetenhauses für die drei Posten der Vizepräsidenten vorgeschlagen werden dürften. Damals wurden allerdings lediglich die Kandidaten von CDU und SPD, Reinhard Führer und Marianne Brinckmeier, gewählt. Die PDS-Kandidatin, Gesine Lötzsch, hatte die erforderliche Mehrheit in drei Wahlgängen verfehlt.

Unklar ist allerdings, ob auf der nächsten Sitzung des Abgeordnetenhauses am 29. Februar die Wahl vom 30. November komplett wiederholt werden muß. Ebenso unsicher ist, wie viele Vizepräsidenten es dann im Parlament geben wird. Zwischen einem und vier Posten scheint alles möglich.

Für die Erweiterung des Präsidiums auf vier Vizeposten müßte eine Mehrheit der Abgeordneten die Geschäftsordnung ändern. CDU und SPD lehnen das „aus Kostengründen“ ab.

Für die Beibehaltung von drei Vizeposten gibt es zwei Möglichkeiten: Die CDU verzichtet auf ihren Vizeposten. Schließlich stellt sie schon den Präsidenten. „Das ist die von uns favorisierte Lösung“, hieß es gestern aus den Fraktionen der Bündnisgrünen und der PDS. Dadurch könne das Recht auf ein Grundmandat, bei dem jede Fraktion im Präsidium vertreten sei, ohne Mehrausgaben umgesetzt werden. Dieses Recht wird von CDU und SPD angezweifelt. Auch nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtes gibt es für CDU- Fraktionschef Klaus Landowsky dafür „keinen Anhaltspunkt“. Die CDU will ihren Vizeposten nicht hergeben.

So gilt die Möglichkeit, daß es zu einer Kampfabstimmung zwischen PDS und Bündnisgrünen kommt, als die wahrscheinlichste. Die SPD will aber nicht ausschließen, daß am Ende die großen Koalitionsparteien die Vizepräsidentenfrage unter sich auskungeln – mit zwei oder sogar nur einem Stellvertreter Haases. „Darüber wird die Fraktion jetzt beraten“, sagte Stadtmüller.

Allerdings ist noch gar nicht geklärt, ob die Vizepräsidentenwahl auf die Tagesordnung der nächsten Senatssitzung kommt. „Wir müssen alles durch unsere Hausjuristen prüfen“, sagte der Sprecher des Abgeordnetenhauses, Lutz- Rainer Düsing. Und abschließend: „Wir haben es nicht eilig.“ Christoph Oellers

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