piwik no script img

■ Press-SchlagIrland genehmigt sich einen Big Mac

Eigentlich sei er ja nur zweite Wahl, bescheinigte der Präsident des irischen Fußballverbandes, Louis Kilcoyne, seinem neuen Trainer Mick McCarthy. Er sei enttäuscht, daß er seinen Wunschkandidaten nicht bekommen habe, fügte er hinzu. War das der Schotte Kenny Dalglish? „Könnte schon sein“, murrte Kilcoyne.

Daß Dalglish und eine Reihe anderer Kandidaten in den letzten Wochen entnervt aus dem Rennen um den Job ausgestiegen sind, lag vor allem an der abgrundtiefen Provinzialität der irischen Verbandsfunktionäre. Nachdem sie im Dezember Jack Charlton hinausgeworfen hatten, suchten sie nach einem Ersatz, als ginge es um den Leiter der Zierfischabteilung einer Tierhandlung. 45 Tage lang wurden reihenweise Kandidaten vorgeladen, wieder nach Hause geschickt und erneut vorgeladen, bis völlige Verwirrung herrschte. Zeitweilig war sogar Johan Cruyff bei den Buchmachern Favorit. Selbst George Best, der stark dem Alkohol zugewandte Nordire, der in den 60er Jahren manchem Verteidiger Knoten in die Beine spielte, gegen die der gordische ein mattes Schläufchen war, schaffte es, sich ins Gespräch zu bringen. Best hatte bei Manchester United immerhin mit Bobby, dem genialen Bruder von Jackie Charlton, zusammengespielt.

Letzterem war es 1986 nicht besser ergangen als nun McCarthy – woher auch? Damals waren ja dieselben Funktionärsklotzköpfe zuständig. Sie hatten den Job per Zeitungsannonce ausgeschrieben, gleichzeitig wollten ein paar von ihnen ihren Favoriten Bob Paisley vom FC Liverpool durchsetzen, obwohl er nicht mal auf der Kandidatenliste stand. Da rebellierten die anderen und wählten aus Rache Charlton, der im ersten Wahlgang gerade mal drei Stimmen bekommen hatte. Er erwies sich als Glücksgriff – trotz der Funktionäre.

„Big Jack“ trat seinen Job in Irland heute vor zehn Jahren an. Sein Nachfolger „Big Mac“ wird heute 37 Jahre alt. Er stammt aus dem nordenglischen Barnsley, seine Eltern waren aus Irland emigriert. Sein erstes Länderspiel für Irland machte der Abwehrspieler 1984, wurde später Mannschaftskapitän und hängte die Stiefel nach 57 Spielen für die „Boys in green“ an den Nagel. Seitdem trainierte er den Londoner Zweitligaclub Millwall.

Gestern verriet McCarthy, wie er mit dem Team zum Erfolg kommen will: „Erfolg? Gewinnen. Gewinnen ist Erfolg. Und nur das kann es sein.“ Die Mittel sind ihm wurscht: „Solange es nach den Spielregeln geschieht. Die Leute wollen Siege sehen. Die Leute erinnern sich an Sieger. Ich kenne keinen einzigen Verlierer, weil ich sie alle vergessen habe.“ Wer hätte gedacht, daß Charlton noch unterboten werden könnte, was den Informationsgehalt der Pressekonferenzen angeht? Ralf Sotscheck

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen