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Das Ende der Eiszeit

■ Hamm-Süd: Abriß der Eisfabrik beginnt / Umsatzeinbußen bei Lagerfirmen / Mirow Schirmherr studentischer Beschäftigungstherapie Von Heike Haarhoff

Zu einem Häufchen Steine, Schutt und Asche soll die ehemalige Eisfabrik in Hamm-Süd dahinschmelzen – der klirrenden Kälte zum Trotz. Die Eigentümerin, die städtische Sprinkenhof AG, kündigte den vier Lagerfirmen und Speditionen erst die Miet-Verträge und nun den Abriß an: Die Bagger werden am 15. Februar erwartet. Die zur Bille gelegene Halle wurde bereits Anfang des Monats eingerüstet, damit die Bauarbeiter das Dach abtragen können.

Angesichts eisiger Temperaturen steht der Abbruch-Termin in gewisser Tradition zu den Arbeitsbedingungen in dem Fabrikgebäude von der Jahrhundertwende. Ansonsten finden AnwohnerInnen, Stadtteilarchiv Hamm und Speditionen den Abriß alles andere als originell. „Wir hatten vorher 3.000 Quadratmeter Lagerfläche, jetzt sind es noch knapp die Hälfte“, beklagt Spediteurin Ursula Kock „ungeheure Umsatzeinbußen“. Mangels Stapelfläche kann sie viele Aufträge nicht mehr annehmen.

Kaum hatte der Senat am 5. Dezember grünes Licht für den Abriß gegeben, ordnete die Sprinkenhof AG die Räumung der drei hinteren Hallen zum 1. Februar an. Die Speditionen sollen vorübergehend die kleineren Gebäude zur Steinbeker Straße als Lager nutzen. „Das Chaos ist perfekt“, sagt ein Gabelstapelfahrer, der hunderte von Kartons umschichtet. Mittelfristig werden die Firmen nach Wilhelmsburg umziehen. Für den Erhalt der Industriearchitektur und ein Stadtteilzentrum setzten sich mehr als 300 Menschen, ein Zehntel der Bevölkerung in Hamm-Süd, mit ihrer Unterschrift ein. Den abrißwütigen Senat ließ das eiskalt.

Ebenso wenig ernst nehmen wird er die städtebaulichen Entwürfe von 120 ArchitekturstudentInnen aus Hamburg, Dresden und München für „Bauen, Wohnen und mehr“ in der Steinbeker Straße. Bei einem Symposium der Dresdner Bauspar AG werden die Entwürfe heute in der Hochschule für bildende Künste vorgestellt und prämiert. Die StudentInnen schmiedeten auch Pläne zur Nutzung der Eisfabrik – unter der Schirmherrschaft von Stadtentwicklungssenator Thomas Mirow (SPD). Doch dessen Sprecher billigt der studentischen Übung bereits im Vorfeld nur Sandkasten-Charakter zu: Für die seriöse Planung werde noch ein „richtiger“ Wettbewerb ausgeschrieben. Wann die Eisfabrik komplett abgerissen wird, bestimmt ihre Eigentümerin: Die Genehmigung liege vor, sagt Bauprüf-abteilungs-Leiter Werner Koch. „Die Sprinkenhof AG ist nicht verpflichtet, uns den genauen Termin zu nennen.“

Gleiches gilt für Presseauskünfte: Erneut lehnte Sprinkenhof-Vorstand Karl-Heinz Ehlers (CDU) gestern ein Gespräch mit der taz ab.

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