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Gefangener auf der Flucht erschossen

■ Todesschuß im U-Bahnhof Amrumer Straße. Passantin wurde verletzt

Ein 44jähriger Strafgefangener wurde gestern gegen 10 Uhr im U-Bahnhof Amrumer Straße von einem Justizvollzugsbeamten erschossen.

Der Gefangene war aus medizinischen Gründen aus der Justizvollzugsanstalt Tegel ins Rudolf- Virchow-Krankenhaus gebracht worden. Von dort sollten ihn zwei Beamte zurückbringen. Auf dem Weg zum Fahrzeug habe der Gefangene, so Justizpressesprecherin Uta Fölster, einen Fluchtversuch unternommen. Es sei dem Gefangenen, der an den Händen gefesselt war, gelungen, vom Krankenhausgelände bis zum U-Bahnhof zu flüchten. Bereits auf dem Krankenhausgelände hatte laut Fölster einer der Beamten einen Warnschuß abgegeben.

Im U-Bahnhofsbereich wurde der Flüchtende durch einen zweiten Schuß getötet. Darüber, welcher der beiden Beamten den tödlichen Schuß abgegeben hat, liegen unterschiedliche Berichte vor. Von derselben Kugel sei, so Fölster, eine unbeteiligte Passantin verletzt worden. Die Frau sei kurz zuvor nach einer Augenoperation entlassen worden, so Zeugen. Sie wurde mit einem Unterschenkeldurchschuß wieder ins Krankenhaus gebracht. Der Gefangene habe eine sechsmonatige Freiheitsstrafe wegen Diebstahls verbüßt und wäre voraussichtlich Ende März entlassen worden. Laut Fölster seien aber weitere Ermittlungsverfahren anhängig gewesen, unter anderem wegen Vergewaltigung. Er sei zudem wegen Diebstahl und Körperverletzung angeklagt.

Norbert Schellberg, rechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen, protestierte gegen den „empörenden und in keiner Weise nachvollziehbaren“ Gebrauch der Schußwaffe. Er forderte eine umfassende Aufklärung durch Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit (SPD). Seine Fraktion erwartet eine Vorverlegung der Sitzung des Justizausschusses.

Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen wegen Totschlags aufgenommen. „Wer einen Menschen tötet, wird bestraft“, zitierte Rüdiger Reiff, Sprecher der Staatsanwaltschaft, den einschlägigen Paragraphen. Ob es aber zu einem Verfahren komme, sei noch unklar. Erst müßten Rechtswidrigkeit und Schuld geprüft werden. Laut Strafvollzugsgesetz dürfen Schußwaffen gegen Gefangene gebraucht werden, „um ihre Flucht zu vereiteln, oder um sie wiederzuergreifen“. Allerdings muß ihr Gebrauch unterbleiben, „wenn erkennbar Unbeteiligte mit hoher Wahrscheinlichkeit gefährdet würden“. Darüber hinaus ist unmittelbarer Zwang zu unterlassen, „wenn ein zu erwartender Schaden erkennbar außer Verhältnis zu dem angestrebten Erfolg steht.“ Beim gegenwärtigen Ermittlungsstand, könne man nicht von offensichtlicher Unverhältnismäßikeit sprechen, so Uta Fölster. Sie lehnte eine Bewertung, egal welcher Richtung, ab. Ob der Flüchtende in den Rücken getroffen wurde, sei ihr nicht bekannt. Die BVG wollte sich zu dem Vorfall nicht äußern. Gereon Asmuth

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