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Millionen-Kampf der SPD-Senatoren

■ Arbeitssenator (SPD) will Sozialsenatorin (SPD) für sein ABM-Programm schröpfen

„Es zeugt nicht von besonderer Kreativität, wenn man beim Sparen zuerst an die Schwächsten denkt.“ Mit diesem Satz kommentiert die grüne Sozialpolitikerin Karoline Linnert den Streit, der am morgigen Dienstag zwischen Sozialsenatorin Tine Wischer und Arbeitssenator Uwe Beckmeyer (beide SPD) im Senat ausgetragen werden muß.

Eigentlich hätten sich die beiden auf einen gemeinsamen Vorschlag verständigen sollen, wie die Finanzierung der Bremer ABM-Stellen ohne Abstriche an dem Programm „Arbeit statt Sozialhilfe“ (BSHG-19-Stellen) passieren kann. Doch nun haben Beckmeyer und Finanzsenator Nölle beim Senat beantragt, im Doppelhaushalt 96/97 insgesamt 3,4 Millionen Mark aus dem BSHG-19-Topf der Sozialsenatorin in die ABM-Finanzierung umzuleiten. Zwischen 50 und 100 der rund 1.000 Bremer BSHG-19-Stellen müßten danach gestrichen werden. Und das, obwohl im Koalitionsvertrag ausdrücklich eine Ausweitung dieses Programms festgelegt worden war.

„Das Arbeitsressort rechnet sich absichtlich arm, um uns schröpfen zu können“, heißt es aus dem Sozialressort. Auf der anderen Seite beklagt der Arbeitssenator den „Ressortegoismus“ der Sozialsenatorin, die bei der ABM-Finanzierung nicht helfen wolle. Der Finanzierungsbedarf für das ABM-Programm sei mit 2.500 Stellen im Jahresdurchschnitt viel zu hoch angesetzt, meint Tine Wischer. Tatsächlich seien angesichts der mageren Mittel, die die Bundesanstalt für Arbeit nach Bremen überweist, höchstens 2.100 Stellen zu erreichen. Außerdem wolle der Arbeitssenator jede ABM-Stelle mit 20 Prozent bremischen Mitteln bezuschussen. Zulässig und „angesichts der bremischen Haushaltslage angemessen“ seien jedoch auch zehn Prozent, hat das Sozialressort an den Senat geschrieben.

Arbeitssenator Beckmeyer verweist dagegen auf seine Zuständigkeit für das „arbeitsmarktpolitische Gesamtbudget“ in Bremen. Wer, wenn nicht der Arbeitssenator, solle über die Prioritäten in der Förderung des Zweiten Arbeitsmarktes entscheiden. Sozialsenatorin Wischer hält dagegen das BSHG-19-Programm für effektiver als Beckmeyers ABM-Stellen. Heute will sie der Öffentlichkeit eine Studie vorstellen, nach der in den letzten Jahren von einer BSHG-19-Stelle weit mehr Langzeitarbeitslose den Sprung in den ersten Arbeitsmarkt geschafft haben als von einer ABM-Stelle.

„Natürlich wollen auch wir an der Zielzahl für das BSHG-19-Programm festhalten“, versichert denn auch Beckmeyers Sprecher Jörg Henschen. Die ins ABM-Programm umgeleiteten 3,4 Millionen Mark sollten zu diesem Zweck durch Zuschüsse aus EU-Töpfen ersetzt werden. Doch dies hält die Sozialsenatorin für einen ungefangenen Fisch. Denn bisher gibt es in Bremen gar keine Träger, die BSHG-19-Stellen passend zu den europäischen Bedingungen organisieren könnten. Und die Antragsfrist für das entsprechende Programm des europäischen Sozialfonds („Ziel 2“) laufe bereits in vier Wochen ab.

Die Sprecherin der Sozialdeputation, Elke Steinhöfel (SPD), hatte bereits vor Wochen nach ersten Gerüchten über Beckmeyers Begehrlichkeit nach den BSHG-19-Mitteln vor einer Einschränkung dieses erfolgreichen Programms gewarnt. Und ihre grüne Kollegin Linnert meint: „Es ist albern, für Arbeitsbeschaffungs-Maßnahmen ausgerechnet dort Geld abzuknapsen, wo erfolgreich Arbeitslose vermittelt werden“. Dieses sich jährlich wiederholende „widerwärtige Spiel“ müsse „endlich aufhören“. Ase

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