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Wer finanziert die Bio- und Gentechnologie?

■ Das Statistische Bundesamt legt erstmals ein umfassendes Zahlenwerk vor

Wie hoch sind die Fördermittel der öffentlichen Hand für die Bio- und Gentechnologie, den sogenannten „Zukunftstechnologien des 21. Jahrhunderts“? Diese Frage wurde zwar schon häufig gestellt und genauso häufig – mit unterschiedlichen Zahlen – beantwortet, doch auf wirklich verläßliche Daten konnte bisher nicht zurückgegriffen werden. Erst jetzt legte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden zum ersten Mal überhaupt eine umfassende Erhebung über die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung (FuE) der Bio- und Gentechnologie vor.

Insgesamt gaben 1992 in Deutschland die 450 Hochschulinstitute, 85 staatlichen und 6 privaten Forschungsorganisationen sowie die 218 Wirtschaftsunternehmen, die nach der Erhebung des Bundesamtes mit biotechnologischer Forschung und Entwicklung beschäftigt sind, 2,72 Milliarden Mark für diesen Bereich aus. Das sind rund 3,5 Prozent des gesamten Etats, der in Deutschland für FuE ausgeben wird. Überraschend ist dabei, daß immerhin die Hälfte der Aufwendungen für Biotechnologie in die gentechnische FuE flossen. Während die Industrie 770 Millionen Mark für die Gentechnologie ausgab, betrugen die Kosten an den mit Steuergeldern finanzierten Forschungsinstituten nur rund 550 Millionen Mark.

Bedauernd mußten die Statistiker feststellen, daß nur ein Teil der Unternehmen den Fagebogen ausgefüllt zurücksandten. Die Daten sind daher mit einem erheblichen Fehler behaftet. Um ein Fünftel können die wirklichen Zahlen nach oben oder unten abweichen. Auch die zu Grunde gelegten Kriterien für FuE sowie die Abgrenzung der Bio- zur Gentechnologie lassen eine exakte Ermittlung der Ausgaben nicht zu. So räumt das Bundesamt ein, daß eine detaillierte Abgrenzung nicht möglich sei und „den Befragten bei der Zuordnung der Tätigkeiten und Ausgaben erheblicher Ermessungsspielraum“ zugestanden wurde.

Wahrscheinlich müssen die Ausgaben für die Biotechnologie und Gentechnik noch weitaus höher veranschlagt werden. So wurde in die statistische Erhebung ein Teil der Grundlagenforschung nicht miteinbezogen. Die Bundesstatistiker unterscheiden hier zwischen der „reinen“ Grundlagenforschung, die nur einem Erkenntnisgewinn dient, und der „anwendungsorientierten“, die zur Lösung von Problemen beiträgt. Handelt es sich um reine Grundlagenforschung, so sind die Kosten dafür, „auch wenn gentechnische oder biotechnologische Methoden verwendet werden“, nicht mit in die Erhebung eingeflossen. Außen vorgelassen sind auch Forschungsvorhaben, die nach dem allgemeinen Verständnis zur Biotechnologie oder auch Gentechnik zu zählen sind, beispielsweise die künstliche Befruchtung oder auch die Weiterverarbeitung von biotechnologischen Produkten. Ebenso sind Projekte zur „ökonomischen und gesellschaftlichen Technikfolgenabschätzung“ nicht miteinbezogen worden. Andererseits ist die FuE in Bereichen wie Verfahrenstechnik und dem Apparatebau sowie Software-Entwicklung, wenn sie speziell für die Biotechnologie oder Gentechnik durchgeführt werden, in die Erhebung miteinbezogen worden. Bedenkt man, daß der überwiegende Teil der „reinen Grundlagenforschung“ – die ja als Fundament für die Entwicklung von kommerziell verwertbaren Verfahren oder Produkten gilt – an den öffentlich finanzierten Forschungsinstitutionen durchgeführt wird, so müßte der von der Gesellschaft geleistete Beitrag eigentlich viel höher ausfallen. Wolfgang Löhr

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