: Atempause für den Vulkan
■ Februar-Löhne können gezahlt werden / Streit um verschobene Ost-Subventionen geht weiter
Die Auszahlung der Februar-Löhne an die rund 23.000 Beschäftigten des Bremer Vulkan Verbunds, die am Donnerstag ansteht, scheint gesichert. Gestern abend sagte ein Sprecher der Commerzbank in Frankfurt, der Auszahlung des 220 Millionen-Kredits für den Bau des Kreuzfahrtschiffes „Costa II“ auf der Bremer Vulkan-Werft stehe „nichts mehr im Wege“. Zuvor hatte der für Wettbewerbsfragen bei der Europäischen Union zuständige Kommissar Karel Van Miert in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Rexrodt die Rechtmäßigkeit der Bremer Landesbürgschaft für diesen Kredit bestätigt.
„Die Kommission kam zum Ergebnis, daß die Bauzeitfinanzierungs-Garantie über 220 Millionen Mark zur Besicherung eines zweckgebundenen Kredits zum Bau des Schiffs ,Costa II' ordnungsgemäß im Rahmen eines von der Kommission genehmigten Beihilfeprogramms erfolgte“, heißt es in dem Brief aus Brüssel wörtlich. Früher habe man diese Bestätigung nicht geben können, da die entscheidenden Unterlagen der Bundesregierung erst am 9. Februar in Brüssel eingegangen seien.
„Ich hoffe, daß Van Miert diese Position auch am Mittwoch vertritt, wenn sich die gesamte EU-Kommission noch einmal mit der Bremer Bürgschaft befassen wird“, sagte Senatssprecher Klaus Sondergeld gestern abend. Offiziell steht das Thema zwar gar nicht auf der Tagesordnung der Brüsseler „Regierung“, doch Van Miert hat angekündigt, daß er den anderen Kommissaren seine Position erläutern will.
Während damit die Auszahlung der ersten 78 Millionen Mark aus dem von Bremen verbürgten 220-Millionen Kredit für die „Costa II“ unmittelbar bevorsteht, ging gestern der Streit um eine mögliche Verschiebung von Subventionen aus den mecklenburgischen Werften in die Bremer Konzernzentrale weiter. Die Landesregierung in Schwerin forderte eine Bundesbürgschaft für die noch ausstehenden Investitionen auf den Ost-Werften. Denn die Treuhandanstalt und ihre Nachfolgerin BvS hätten ihre Kontrollpflichten über die Subventionen vernachlässigt.
Die BvS wies diesen Vorwurf gestern umgehend zurück. „Die BvS ist zu jeder Zeit ihrer Kontrollpflicht nachgekommen, das weiß Herr Ringstorff ganz genau“, heißt es in einer Erklärung. Die Kontrollberichte seien von einer von der Bundesregierung beauftragten Wirtschaftsprüfungs-Gesellschaft jährlich erstellt und testiert worden.
Die Vulkan-Tochterunternehmen in Mecklenburg rechnen unterdessen fest mit der Überweisung ausstehender Gelder aus Bremen. Die Praxis des Cash-Managements, in dem alle Gelder zunächst zusammenfließen und dann abgerufen werden, sei „völlig normal, davon haben auch alle Beteiligten gewußt“, sagte der Geschäftsführer der Stralsunder Volkswerft, Hans-Joachim Steyer gegenüber dpa. „Wir haben für die komplette Umgestaltung unserer Werft schon über 400 Millionen Mark verplant“, erklärte er. Davon sei erst ein Teil realisiert und bezahlt, für „eine Menge Geld“ wurden Aufträge vergeben.
Nach den Worten des Betriebsratsvorsitzenden Detlef Schüler von Neptun Industrie Rostock sind die jüngsten Erklärungen aus Brüssel „weder ein Anlaß für Freudentaumel noch für tiefergehende Depressionen“. Durch die Bürgschaften bekomme der Vulkan „zwar wieder etwas mehr Luft“, die Suche nach einem tragfähigen Gesamtkonzept müsse aber vorrangiges Ziel bleiben.
Der Bremer Wirtschaftswissenschaftler Heiner Heseler sieht in der Diskussion um den Mißbrauch von Investitionsbeihilfen beim Vulkan unterdessen die Gefahr, daß das in einem OECD-Abkommen inzwischen verbindlich festgelegte Verbot staatlicher Werftenhilfen platzen könnte. Falls andere Länder aus diesem Abkommen ausscherten, hätten besonders die deutschen Werften große Wettbewerbsnachteile zu befürchten, sagte Heseler. Ase
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