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Neue Hoffnung für Salman Rushdie

■ Der Schriftsteller hat beschwichtigende Signale von der iranischen Regierung erhalten. Die europäischen Geheimdienste sollen ihm nun bei der Bewertung helfen

Straßburg (taz) – Der britische Schriftsteller Salman Rushdie hat die europäischen Geheimdienste um Hilfe gebeten. Am Wochenende hatte ihm die iranische Botschaft in London eine „Zusicherung“ angeboten, daß der gegen ihn gerichtete Mordaufruf, die Fatwa, nicht mehr aufrecht erhalten werde. „Aber kann ich den Iranern trauen?“ fragte sich Rushdie. Er beschloß, seine Sorge zur Sorge der europäischen Regierungen zu machen. „Sie pflegen Kontakte zur iranischen Regierung, sie haben Nachrichtendienste. Von ihnen will ich wissen, wie glaubwürdig die iranischen Signale tatsächlich sind.“

Rushdie präsentierte seine ungewöhnliche Anfrage am Dienstag abend in Straßburg, nachdem er als Präsident des Internationalen Schriftstellerparlaments wiedergewählt worden war. Dieses „Parlament“, das sich vor allem gegen die Verfolgung von SchriftstellerInnen in aller Welt und die Unterdrückung der freien Rede engagiert, war vor zwei Jahren aus einer Solidaritätsaktion für Rushdie entstanden.

Seit neun Monaten registriert der britische Schriftsteller immer wieder Äußerungen der iranischen Regierung, denen zufolge diese auf eine Vollstreckung der Fatwa verzichten will. Die Offerte vom Wochenende ist also nur Endpunkt einer länger währenden Entwicklung. „Neu aber ist“, so Rushdie, „daß inzwischen sogar von Zusicherungen und Garantien gesprochen wird.“

Für Rushdie ist es auch kein Zufall, daß der neue iranische Vorstoß gerade zum siebten Jahrestag der Verkündung der Fatwa durch den mittlerweile verstorbenen Revolutionsführer Ayatollah Khomeini erfolgte. „Hiermit soll wohl deutlich gemacht werden, daß die iranische Führung jetzt mit einer anderen Sprache spricht. Früher wurden solche Jahrestage eher zur Verschärfung der Hetze benutzt“, erinnert sich Rushdie.

Wie aber würde er auf eine für ihn günstige Bestätigung der Geheimdienste reagieren? Diese Frage ließ Rushdie vorerst offen. „Natürlich will ich wieder ein normales Leben führen. Aber wie und wann ich dazu übergehe, lassen Sie bitte meine Sache sein“, appellierte er. In religiösen FanatikerInnen, die nicht im Auftrag der iranischen Regierung handeln, sieht Rushdie allerdings keine persönliche Gefahr. „Die Bedrohung ging ja all die Jahre nur von der iranischen Regierung aus.“

Als Grund für die Wendung der iranischen Politik verwies Rushdie auf das „völlige Scheitern“ der Fatwa. „Sie haben es nicht geschafft, mich zum Schweigen zu bringen, das zeigt mein neuer Roman. Und sie haben es nicht geschafft, die ,Satanischen Verse‘ zu unterdrücken“, so Rushdie. Inzwischen ist das Buch in über zwanzig Sprachen verbreitet. Christian Rath

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