: Was Bremerhaven nicht hat
■ Oberhausen bekommt ein Großaquarium vom US-Investor Chermayeff – ohne Subvention / Bremerhaven zahlt ihm 680.000 Mark – nur für eine Studie
werden
„Marina Park“ heißt der Ocean-Park Oberhausens. Dort will der amerikanische Architekt Peter Chermayeff am Rhein-Herne-Kanal ein Großaquarium bauen, hinter dessen Glaswänden die BesucherInnen Meerestiere und Pflanzen aller Art bestaunen können – ganz so wie in Bremerhaven. Doch anders als in der Seestadt hat die US-Firma International Design for Environment Association (IDEA), dessen Präsident Peter Chermayeff ist, dort für rund 13 Millionen Mark ein Grundstück gekauft. Auf dem 116.603 Quadratmeter großen Gelände will Chermayeff für rund 300 Millionen Mark ein Seewasseraquarium, einen kleinen Bootshafen und an die 300 bis 600 Wohnungen bauen. Das Modell hierfür hat er den Stadtvätern in Oberhausen Mitte Januar vorgestellt. Doch während er in Bremerhaven für sein Modell und die Machbarkeitsstudien 680.000 Mark kassiert hat, kriegt er von den Oberhausenern keinen Pfennig.
„Wie kommen wir denn dazu, dem was zu bezahlen, der will doch hier was bauen“, wundert sich Oberstadtdirektor Burkhard Drescher (SPD) über die Frage. Seines Wissens solle der „Marina-Park“ über private Investoren finanziert werden. Er sehe keinen Grund, Chermayeff „auch nur eine müde Mark“ aus dem Stadtsäckel zu zahlen. Stattdessen hat Chermayeff Geld in Oberhausen investiert – ein Versprechen, das er auch den Bremerhavenern gemacht, aber nie gehalten hat.
Was hat die Stadt Oberhausen (226.000 Einwohner), das Bremerhaven nicht hat? „Das kann ich Ihnen sagen“, antwortet Dietmar Wolf, Pressesprecher der Stadt Oberhausen, prompt. In Oberhausen werde gerade ein neues Freizeitzentrum gebaut. Neben dem Musical „Herr der Ringe“, einem Einkaufszentrum, einer Mehrzweckhalle, einem Kinozentrum und etlichen Restaurants soll ab 1999 auch die Landesgartenschau die TouristInnen ins „CentrO“ locken. Investitionsvolumen: rund zwei Milliarden Mark. „Chermayeff hat gesagt, das ist genau das Umfeld, das er braucht. Schließlich wird das „CentrO“ viele Menschen anlocken“, berichtet Wolf.
„In Oberhausen stehen die Investoren Schlange“, glaubt auch Dr. Alfred Lüneburg von der Wirtschaftspolitischen Leitstelle in Bremerhaven. Anders in der Seestadt: „Hier müssen Sie Geld in die Hand nehmen, um die Planer dazu zu bewegen, sich was auszudenken“, begründet er das Honorar für Chermayeff. Zwischenzeitlich hat sich allerdings herausgestellt, daß die Pläne des amerikanischen Architekten noch einmal durchgerechnet werden müssen. Schon im August wurde ein Gutachten über die Wirtschaftlichkeit vorgelegt – Kosten: etwa 200.000 Mark.
Chermayeffs Plänen fehle „der deutsche Bezug“, hat Lüneburg festgestellt. Er sitzt in der Arbeitsgruppe des Magistrats, die sich mit der Planung des Ocean-Parks beschäftigt. Die angesprochenen Investoren für die geplante Projektentwicklungsgesellschaft hätten nach der Lektüre der Chermayeff-Konzepte abgewunken. Die Zahlen waren den Geschäftsleuten „zu vage“, erinnert sich Lüneburg. Er ist in Bremerhaven zudem für die Koordination der Gelder aus dem Wirtschaftspolitischen Aktions-Programm (WAP) zuständig. Die Vorstellungen Chermayeffs würden „zu viel öffentliches Geld kosten“, so Lüneburg. Deshalb muß das Projekt, das derzeit mit mindestens 983 Millionen Mark veranschlagt wird, billiger werden. Die neuen Finanzierungsmodelle will der Magistrat von der Wiesbadener Köllmann GmbH errechnen lassen. Die Unternehmensgruppe, die auch an der Planung des Bremer Space-Parks beteiligt ist, soll anstelle privater Investoren als Gesellschafterin in der Projektentwicklungsgrup-pe sitzen.
Zur Erinnerung: Stadt und Land haben für diese Projektentwicklungsge-sellschaft, deren Aufgabe es ist, den Ocean–Park weiter zu planen, 2,2 Millionen Mark überwiesen. Die fehlenden zwei Millionen sollten private Investoren zahlen. Die haben sich nicht gefunden – jetzt soll Köllmann in die Bresche springen (taz 16.1.).
Die Projektentwicklungsgesellschaft ist allerdings noch nicht gegründet worden. Köllmann feilscht um seinen Vertrag. Die Projektentwickler wollen der Stadt ihre Bemühungen in Sachen „Ocean-Park“ nämlich in Rechnung stellen. „Oder haben Sie schon mal jemanden getroffen, der umsonst arbeitet?“, fragt Karl Lang, Geschäftsführer bei der Köllmann-Gruppe.
Über die Höhe des Honorars vergleichbarer Projekte schweigt er sich aus. Lang ist allerdings „optimistisch“, daß sich die Unternehmensgruppe mit der Stadt einigt. „Chermayeff bleibt für uns ein möglicher Architekt“, wehrt er Gerüchte ab, der Amerikaner sei ausgestiegen. „Es wäre sogar dumm, jetzt nicht weiter mit ihm zusammenzuarbeiten. Er hat ja schon einiges gemacht.“
Im Sommer will die Köllmann-Gruppe ihre neuen Konzepte zur Verwirklichung des „Ocean-Parks“ vorlegen. Wenn die Stadtverordneten und die Mitglieder der Wirtschaftsförderungsausschüsse die neuen Finanzierungsmodelle absegnen, können „die Köllmänner“ neue Investoren für den Ocean-Park suchen. Sollten sie es nicht schaffen, wären mindestens drei Millionen Mark an Steuergeldern für die Planung des Projektes futsch – die Honorarrechnung Köllmanns nicht mitgerechnet. Das gilt auch für den Fall, daß sich Stadtverordnete und Ausschußmitglieder im Sommer gar nicht erst für die neuen Konzepte erwärmen können. Eine Möglichkeit, die Chermayeff von Anfang an einkalkuliert hat. Wie sagte er doch im Juli letzten Jahres: „Alles was passieren kann, ist, daß wir ein bißchen Geld ausgegeben haben.“ kes
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