: Gehag-Connection in der Steglitzer CDU
■ Heinz-Viktor Simon, der Vorstandsvorsitzende der Wohnungsbaugesellschaft Gehag, versorgt Parteifreunde
Heinz-Viktor Simon ist ein einflußreicher Mann: CDU-Parlamentarier im Abgeordnetenhaus seit 1975, Mitarbeiter im Berliner Planungsgremium „Stadtforum“ und seit 1991 Vorstandsvorsitzender der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gehag. Der 52jährige gilt als emsiger Strippenzieher und hält seit Jahren seine Hausmacht im CDU-Ortsverband Südende in Steglitz. Wenn Simon dort mit schöner Regelmäßigkeit die Sitzungen des Ortsvorstandes leitet, blickt er in eine Runde altvertrauter Gesichter.
Manch eine oder einen hat der studierte Rechtsanwalt dann schon am selben Tag auf den Fluren der Wohnungsbaugesellschaft begrüßt. Denn gleich drei Mitglieder des Südende-Vorstandes, der Mitte Januar größtenteils wiedergewählt wurde, sind auch Mitarbeiter der Gehag. So Simons Stellvertreterin Martina Witt und der Schatzmeister Gerald Mattern, die beide als sogenannte Wohnungsbesichtiger bei der Gehag arbeiten. Auch Henryk Tabaczynski, im Ortsverband für Organisation zuständig, sitzt hauptberuflich im Öffentlichkeitsbüro der Wohnungsbaugesellschaft.
Darüber hinaus wohnen mindestens zwei Mitglieder des Vorstandes „Südende“ nach taz-Recherchen in Gehag-Häusern. Dazu gehören Manfred Gericke, dessen Ehefrau Margitta wiederum das CDU-Kreisbüro in Steglitz betreut, sowie der für „Werbung“ zuständige Axel Bittner.
Auf Nachfragen nach den merkwürdigen Doppelfunktionen reagieren die CDU-Mitglieder im Ortsverein gereizt bis abweisend. „Das eine hat mit dem anderen überhaupt nichts zu tun“, verteidigt sich Simons Stellvertreterin Martina Witt gegenüber der taz. Sie sei erst „seit kürzerem“ bei der Gehag, Mitglied der CDU aber schon seit „acht oder neun Jahren“. Margitta Gericke im Büro des Kreisverbandes Steglitz legt den Hörer auf, Bittner hält alles für einen „Zufall“ und will sich ansonsten nicht weiter äußern.
CDU-Freunde sprechen von „Pressekampagne“
Martina Witt spricht schlichtweg von einer „Pressekampagne“ gegen ihren Chef. Daß Simon sein Amt nutze, um Gehag-Wohnungen an Parteimitglieder zu vergeben oder diesen gar Jobs zu verschaffen, sei „absoluter Quatsch“. In Wirklichkeit „zielen die Vorwürfe doch auf was ganz anderes ab“, meint Witt in Anspielung auf frühere Presseberichte.
In der Tat: Im November geriet Simon in die Schlagzeilen, als er sich weigerte, sein Abgeordneten- Mandat niederzulegen. Als Vorstandsvorsitzender der Gehag, die zu 75 Prozent dem Land gehört, wäre er dazu nach den Bestimmungen des Landeswahlgesetzes verpflichtet gewesen. Doch statt seinen Sitz im Abgeordnetenhaus, der 61.000 Mark an Diäten einbringt, zu räumen, läßt Simon seinen Fall vom Landgericht prüfen. Seine Begründung: Nicht das Landeswahl-, sondern das höherrangige Aktiengesetz des Bundes sei für ihn maßgeblich. Dieses enthalte keinen Passus, der ihm untersage, sowohl Vorstandsmitglied als auch Abgeordneter sein zu können. Niemand könne erwarten, so Simon, daß er seinen Beruf aufgebe, „um als Halbtagsparlamentarier zu arbeiten“. Dabei verbietet das Landesparteiengesetz diese Form der Ämterhäufung. Denn dabei besteht die Gefahr, daß der Abgeordnete seine Aufgabe, die Regierung zu kontrollieren, nicht entsprechend wahrnimmt.
Auch bei anderen Gelegenheiten zeigte Simon, der als Gehag- Vorstandsvorsitzender 250.000 Mark im Jahr verdient, wenig Skrupel: Im September vergangenen Jahres ließ er seine Wahlkampfzeitung Der Südender durch großzügige Anzeigen der Landesbank sponsern. Diese gehört bekanntlich wiederum zur Bankgesellschaft Berlin, in deren Vorstandsetage der CDU-Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky sitzt.
Schon damals sprachen die Bündnisgrünen von „Filz“ – ein Vorwurf, auf den Landowsky erbost reagierte. Chefredakteur des Südender war übrigens Gerald Mattern – damals wie heute Gehag-Mitarbeiter und Schatzmeister im CDU-Ortsvorstand. Severin Weiland
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