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Absolut Event-Marketing

Helmut Newton „fasziniert die Verbindung Frau, Wodka und Landschaft“. Deshalb spielt Topmodel Kristen McMenamy in schwedischen Gefilden gut gelaunt die Vogelscheuche  ■ Von Brigitte Werneburg

An allem ist mal wieder Absolut Andy schuld. Hätte er 1985 nicht unbedingt die Absolut Vodka Flasche malen wollen, wäre die schwedische Firma Vin & Spirit AB vielleicht nie auf die Idee gekommen, Wein, Weib und Gesang, das heißt in diesem Fall Wodka, Model und Fotokunst, zusammenzuspannen. Aber kaum hatte Warhol sein Coming-out in Sachen Schwedenschnaps, schon wollten alle anderen auch.

Der Graffiti-Künstler Keith Haring oder der Neosurrealist Kenny Scharf, dessen Lithographie man anfangs noch für 150 Dollar bestellen konnte (Call 1-800-CHEER- UP). Und nach den bildenden Künstlern durften die Modemacher und die Fotografen. „Absolut (David) Cameron“ war der erste, der ein silbriges Minikleid im Outfit der Flasche entwarf. Steven Meisel fotografierte.

1995 stellten sich dann gleich sieben internationale Modemacher, Azzedine Alaäa, Victor Alfaro, Helmut Lang, Martine Sitbon, Manolo Blahnik, Anna Molinari, John Galliano und Starfotograf Helmut Newton, der Absoluten Herausforderung. Sie haben sie gemeistert, keine Frage. Im Rahmen dessen, was man sowieso erwartet.

Manolo Blahnik, von dem wenigstens ein Paar Schuhe zu besitzen ich stolz bin, verlegte sich auf – was sonst? – hochhackige schwarze Lacklederstiefel, in deren überkniehohen Schaft er den „Absolut“-Namenszug einschnitt. Newton verfrachtete schließlich die so gestiefelte Kristen McMenamy auf eine Luftmatratze, die im Burggraben von Schloß Vittskövle trieb. Der österreichische Latexspezialist Helmut Lang gab McMenamy erwartungsgemäß eine praktische schwarze Gummischürze, und Newton deponierte die schöne Blonde in der Destille. Natürlich stöhnt man angesichts der Exerzierreihe blankpolierter Tanks nur noch – mein Gott, so viel Wodka!

Vor allem, da es zum Pressetermin nur Sekt zu trinken gab. Aber auf der abendlichen Vernissage war das sicher anders. Schließlich geht es bei der europäischen Premiere von „Absolut Newton“ weniger um die Kunst als um die Gesellschaft und diejenigen, die sich zu ihr rechnen. Kurz und gut, es geht um Event-Marketing. Die Kids kriegen Mayday und Camel, die Alten Helmut Newton und Wodka.

Und sie kriegen echte Sammlerstücke. Schon weil man später einmal neugierig sein wird, was die Werber einstmals so alles auf die Beine stellten. Bodo Niemann verkauft die ausgestellten 120 x 120 Zentimeter großen Fotoquadrate in einer Sechser- und ein 60x60- cm-Format in einer Zehnerauflage. Nach bekannter Newton-Manier kriegt man sie desto preiswerter, je früher man kauft. Und wer im Oktober die glückliche Idee hatte, die Vogue zu erwerben, der bekam die Kampagne in ihrer weltweit einmalig publizierten Form in die Hände. Das reicht ja vielleicht auch?

„Absolut Newton“. Bis 3. März, Di.–Fr. 12–18, Sa. 11–14 Uhr, Galerie Bodo Niemann, Knesebeckstraße 30, Charlottenburg

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