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Ruanda-Tribunal nennt Namen

■ Prozesse gegen zwei mutmaßliche Hauptverantwortliche für die Massaker sollen im März oder April in Arusha beginnen

Arusha (AFP) – Knapp zwei Jahre nach dem Beginn des Völkermordes in Ruanda, bei dem mehr als 500.000 Menschen umgebracht wurden, hat das internationale Kriegsverbrechertribunal am Montag zwei mutmaßliche Hauptverantwortliche namentlich genannt.

Das Gericht im tansanischen Arusha beschuldigt den 43jährigen Jean-Paul Akayezu und den 38jährigen Georges Rutaganda, persönlich für die Organisation von Massakern verantwortlich zu sein. Akayezu und Rutaganda sitzen in Sambia in Haft und sollen bis Mitte April in ein Gefängnis in Arusha eingeliefert werden. Der Sprecher des Tribunals gestand bei der Vorstellung der Anklageschriften ein, daß das Gericht „langsam“ arbeite, betonte aber zugleich die Notwendigkeit, „von Anfang an solide Dossiers vorzulegen“.

Akayezu, der frühere Bürgermeister von Taba in Zentralruanda, hatte die Bevölkerung nach Ansicht des Gerichts dazu aufgerufen, „die Komplizen“ der von der Volksgruppe der Tutsi dominierten Ruandischen Patriotischen Front (RPF) „auszuschalten“. Darüber hinaus habe er einzelne Tutsi benannt, die umgebracht werden sollten, sowie an Durchsuchungen und Foltermaßnahmen teilgenommen. In Taba wurden zwischen April und Juni 1994 nach Angaben des Tribunals mindestens 2.000 Tutsi ermordet.

Der zweite Beschuldigte, Rutaganda, war Vizevorsitzender des Nationalkomitees der extremistischen Hutu-Miliz Interahamwe. Er verteilte der Anklageschrift zufolge in Nyarugenge in der Präfektur Kigali Waffen an Milizionäre. Er soll sich persönlich an einem Massaker in der Technischen Schule von Kigali beteiligt haben, bei dem mehrere tausend Flüchtlinge getötet wurden. Im November 1994 war das Tribunal vom UN-Sicherheitsrat eingesetzt worden. Während das UN-Tribunal für die Hauptverantwortlichen und Planer der Massaker zuständig ist, sollen die Ausführenden in Ruanda selbst vor Gericht gestellt werden.

Ruandas Premier Pierre-Célestin Rwigema hatte am Wochenende bekanntgegeben, daß diese Prozesse Ende März oder Anfang April beginnen könnten. Derzeit sitzen mehr als 60.000 Hutu ohne Urteil in den überfüllten ruandischen Gefängnissen. Auf der „unvollständigen“ Liste des ruandischen Justizministeriums über die „Hauptverantwortlichen“ der Massaker sind 446 Namen verzeichnet. Etwa zwei Millionen ruandische Hutu leben gegenwärtig in Flüchtlingslagern in Ruandas Nachbarländern Zaire, Tansania und Burundi.

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