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Foron wieder kaltgestellt

Übernahme des Haushaltsgeräteherstellers durch den türkischen Koc-Konzern gescheitert. Betriebsrat: Eine Form von Marktbereinigung  ■ Aus Dresden Detlef Krell

Foron macht Furore. Auf einer Hausmesse Anfang Februar in Berlin hat der sächsische Haushaltsgerätehersteller in drei Tagen 9.000 Kühlschränke und Waschgeräte verkauft. Eine Woche darauf erhält die Geschäftsführung einen Brief: Der türkische Koc-Konzern teilt mit, daß er die Verhandlung zur Übernahme der Foron-Anteile einstellt. Die Niederschmiedeberger Foron Hausgeräte GmbH, Herstellerin des weltweit ersten FCKW-freien Kühlschranks, landet nach wenigen Wochen der Hoffnung nun zum dritten Mal auf Glatteis.

Die 620 Beschäftigten hat es kalt erwischt. Unternehmenssprecher Siegfried Schlottig kann über Ursachen für den Rückzug der Türken aus dem Erzgebirge nur spekulieren. „Gründe wurden nicht benannt. Erst am 11. Dezember hatte sich der Koc-Aufsichtsrat einstimmig für die Übernahme von Foron entschieden.“ Die Finanzlage von Foron sei den Koc-Managern selbstverständlich bekannt gewesen; 1995 lag der Umsatz mit 115 Millionen Mark um rund 50 Millionen niedriger als angestrebt. Der Koc-Konzern beschäftigt weltweit in 101 Unternehmen rund 38.500 MitarbeiterInnen und erreichte 1994 einen Umsatz von 8 Milliarden US-Dollar. Sein größtes Tochterunternehmen, Arcelik, beherrscht eigenen Angaben zufolge den türkischen Kühlgeräte- und Waschmaschinenmarkt zu 60 Prozent. In Westeuropa tritt es als größter türkischer Exporteur dieser Branche auf.

Betriebsratschef Karl-Heinz Fichtner befürchtet, „daß hier ein großes deutsches Unternehmen die Finger im Spiel hat und daß es um eine Form von Marktbereinigung geht.“ Bevor Koc kam, hatten sich bereits zwei andere Branchenriesen gründlich bei Foron umgesehen: die deutsche Bosch- Gruppe und der koreanische Samsung-Konzern. Jedesmal war zwar Interesse bekundet worden, der Verkauf aber nach monatelangen Verhandlungen geplatzt. Koc wollte, so die Zusage im Dezember, über Arcelik die Foron-Anteile zu 100 Prozent erwerben und somit direkt auf dem europäischen Markt Fuß fassen. Foron-Chef Hans Jochen Schulz hatte während der Hausmesse in Berlin erklärt, der Abschluß des Kaufvertrages stehe unmittelbar bevor. Bis jetzt halten die britische Investorengruppe East German Investment (Egit) 47, die Investmentfonds GmbH, eine Beteiligungsgesellschaft der Berliner Bank, 26 Prozent der Gesellschafteranteile. Den Rest, 27 Prozent, teilen sich Foron-Manager.

Die innovativen Hersteller des Marktrenners „Runder Kühlschrank“ warten mit neuen Technologien im Kühl- und Waschgerätebereich auf. Um diese zur Serienreife zu bringen, braucht Foron finanzstarke Partner. Mit Koc im Rücken wollte Foron bis zum Jahr 2000 seinen Umsatz auf 800 Millionen Mark versechsfachen und 1998 erstmals die Verlustzone verlassen. Vor zwei Jahren verlegte Foron die gesamte Kompressorenfertigung nach Polen, die ostdeutschen Standorte büßten 400 Arbeitsplätze ein.

Das Dresdner Wirtschaftsministerium will einen externen Gutachter zu Rate ziehen, der die angeschlagene Firma analysieren soll. Für die nächsten „vier bis sechs Wochen“ will, nach Auskunft des Pressesprechers Armin Reck, „die Staatsregierung dafür sorgen, daß Foron bestehen kann“. Dabei sei „auch an finanzielle Unterstützung gedacht“.

Mit einer spektakulären Kampagne hatte Greenpeace 1992 dem kurz vor der Abwicklung durch die Treuhand stehenden Ostunternehmen zu 70.000 Bestellungen für den FCKW-freien Kühlschrank verholfen. Das Versandhaus Neckermann allein hatte 20.000 Geräte geordert und für 599 Mark pro Stück verkauft. Für seinen Öko- Schrank wurde die Firma mit dem Deutschen Umweltpreis und dem Alternativen Medienpreis ausgezeichnet. In der DDR hatte „dkk“ (von: Deutsche Kühl- und Kraftmaschinen) Scharfenstein das Kühlschrankmonopol.

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