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Böse Dellen an Nasen und Mythen

■ Der Hamburger SV kassiert beim 0:3 auf Schalke die zweite Pleite unter Felix Magath

Der Absturz tat weh! „Eine böse Delle für den Felix-Magath-Mythos“, konstatierte der Norddeutsche Rundfunk, und sein Reporter senkte die Stimme, als hätten ein paar Westkurvenfans gerade seinen Mittelklassewagen lädiert.

Wofür stand der chancenlose Auftritt eines konfusen Hamburger SV beim 0:3 gegen Schalke 04 im Parkstadion? Für das vorzeitige Ende eines goldenen Zeitalters? Oder doch nur für einen normalen Rückschlag im Spiel zweier Aspiranten auf einen UEFA-Cup-Platz? Nach den Zahlen zu urteilen: Zunächst war es einfach die zweite Niederlage des HSV unter Trainer Magath – wobei die erste mit 0:3 in Stuttgart genauso herb ausgefallen war. Der entzauberte HSV-Coach entschied sich dementsprechend zur Nüchternheit und befand, sein Team habe „nach den beiden schnellen Gegentoren wie gelähmt“ agiert.

Verantwortlich für die hanseatische Paralyse waren Ingo Anderbrügges angeschnittener Freistoß (6.) und Martin Max' gekonnte Verwertung eines Steilpasses von Youri Mulder (12.), die den Gastgeber bereits in der Anfangsphase auf 2:0 davoneilen ließen. Doch auch nach dem zweiten Gegentor blieb das HSV-Angriffsspiel lahm.

Von kraftspendender Mythenmotivation war nichts zu sehen, am allerwenigsten von Richard Golz, der als Torwart unter dem besten Überblick zu leiden hatte und mäkelte, seine Vorderleute hätten „so getan, als stünde es noch 0:0 oder wir lägen in Führung.“ Was Wunder, daß Magath im Rückblick auf die Erfolgsserie seiner Amtszeit von der „schlechtesten ersten Halbzeit, seit ich Trainer beim HSV bin“ sprach.

29.000 Zuschauer konnten so in aller Ruhe den Weg zur Aufwärtsorientierung der Königsblauen („Jetzt können wir wieder nach oben schauen“ freute sich Jörg Berger nach seinem 250. Einsatz auf der Trainerbank) verfolgen. Denn einzig bei Freistößen aus weiter Ferne sorgte der HSV ansatzweise für Gefahr, bevorzugt AOK-Straßenbolzer und Jung-Nationalspieler Jörg Albertz (16., 45.).

Statt dessen weitere Chancen der Schalker: Was Yves Eigenrauch (28.) noch versäumt hatte, erledigte Max vier Minuten nach Wiederanpfiff – das Spiel mit dem 3:0 zu entscheiden. Freistehend nahm er eine Flanke des unbedrängten Anderbrügge auf und stocherte den Ball an Golz vorbei über die Linie. Danach durfte Ali noch zweimal vergeblich Freistöße (50., 67.) üben, und Valdas Ivanauskas (65.) hätte das Leder beinahe zum „Ehrentreffer“ der Hamburger ins Netz befördert. Schalkes Dooley köpfte seinen Schuß jedoch von der Linie – gesünder als zuvor Kollege Andreas Müller, dessen Haupt in der zweiten Minute mit dem von Karsten Bäron kollidierte, was für Müller ein gebrochenes Nasenbein zur Folge hatte.

Schalke-Coach Berger schlug darauf ein gemeinsames Dinner mit Mike Büskens vor, dem vor Wochenfrist in Düsseldorf dasselbe passiert war. Da mochte auch Magath sich nicht grämen und empfahl, seinen Schützling Stephane Henchoz, ebenfalls mit lädierter Nase, gleich mitzunehmen. Was mit der Delle am Mythos geschehen soll, erwähnte er nicht.

Folke Havekost

Das morgige HSV-Nachholspiel bei Werder Bremen ist kaum gefährdet und ausverkauft.

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