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Parteispitze will NRW-Kröte schlucken

■ Führende Bündnisgrüne plädieren für Kompromiß, die Basis bei der Mainzer Bundesversammlung bleibt skeptisch

Mainz (taz) – Als Joschka Fischer am Freitag abend die Rheingoldhalle in Mainz betritt, konkurriert er scharf mit NRW-Minister Michael Vesper. Das Blitzlichtgewitter prasselt auf beide gleichermaßen nieder. Schließlich ist die wichtigste Frage am Rande des bündnisgrünen Parteitags am Wochenende: Scheitert Rot-Grün in Düsseldorf am Ausbau eines Provinzflughafens? Der Streit in Düsseldorf ist Beispiel dafür, auf wieviel Widerstand die in Mainz diskutierte ökologisch-soziale Reformpolitik der Grünen im politischen Alltag (noch) stößt. Vesper gibt sich Freitag abend optimistisch, während der NRW-Bundestagsabgeordnete Ludger Vollmer vor Journalisten erneut erklärt, warum die Grünen gegen den Ausbau des Dortmunder Flughafens sind. Vertreter der Bundes-Grünen dagegen machen keinen Hehl daraus, daß man statt sich im „Exemplarischen zu verlieren“ doch lieber das „große Ganze“ im Augen behalten sollte. Dazu paßt das Gerücht, daß man auf Bundesebene unzufrieden über die Nordrhein-Westfalen sei, weil die es zu so einer zu starken Verhärtung mit der SPD haben kommen lassen. Die NRW-Version folgt prompt: Nein, Fischer und die anderen, hielten sich aus inhaltlichen Fragen ganz raus.

Während die Parteispitze sich alle Mühe gibt, den Eindruck zu erwecken, die Koalition sei zu retten, beäugt die Basis das rot-grüne Reformprojekt mit unverhohlener Skepsis. „Die SPD ist die Koalition nur unter taktischen Aspekten eingegangen. Sie hat keine gemeinsamen Ziele mit den Grünen und will sie auch nicht haben“, sagt etwa der Kölner Jörg Frank. Er hat als Stadtverordneter Erfahrungen mit einer rot-grünen Zusammenarbeit, die letztlich auch scheiterte. Er ist der Überzeugung: „Köln war das Laborsystem für NRW“. Anderen Delegierten fehlt bei den Sozis „die Stimmung für einen Reformwillen“. Auch ohne den Dortmunder Konflikt bleiben sie skeptisch. „Wenn es nach den Landtagswahlen im März in Bonn eine große Koalition gibt, ist Düsseldorf doch das erste Opfer, das Oskar bringt.“

Am Samstag mittag brummt es in der Rheingold-Halle. Es heißt, es gäbe von seiten der Grünen einen Kompromißvorschlag. Angesprochene Politiker lächeln vielsagend, wollen aber letztlich nichts preisgeben. Die Sprecherin des NRW-Landesvorstandes, Barbara Steffens, erklärt vor der Presse: „Es gibt kein offizielles Kompromißangebot“. Dabei ist aber klar, daß die Spitze der NRW-Grünen einen Kompromißvorschlag vorlegen will, den der grüne Kreisverband und die Fraktion zusammen mit der Bürgerinitiative gegen den Flughafenausbau in Dortmund am Morgen veröffentlicht haben.

NRW-Umweltministerin Bärbel Höhn freut sich über das „verantwortungsbewußte Verhalten“ der Dortmunder Grünen. Sie fürchtet aber, daß der Kompromiß zu früh öffentlich wurde. Sie soll Recht behalten. In ihrer Rede bekennt sie sich zur rot-grünen Koalition und der ökologisch-sozialen Reform, auch wenn dies im Einzelfall schmerzhafte Kompromisse verlange. Die seien aber hinnehmbar, „solange wir die Ziele nicht aus den Augen verlieren“. Nur kurze Zeit später kommt aber vom SPD-Landesparteitag die Kunde: Clement hat keinerlei Kompromißbereitschaft signalisiert. Karin Nink

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