piwik no script img

In der Zwickmühle

■ Spaniens Regionalisten gefährden Aznars Basis

Die konservative Partido Popular ist als stärkste Partei aus den spanischen Parlamentswahlen hervorgegangen. Nur 20 Sitze fehlen zur absoluten Mehrheit. Der Regierungspalast liegt für Parteichef José Maria Aznar rein rechnerisch näher denn je, praktisch gesehen jedoch weiter davon entfernt als jemals zuvor. Bei vielen Wählern hat Aznar mit der vielbeschworenen „Öffnung zur Mitte“ Erfolg gehabt. Doch zwei Wochen Wahlkampagne mit moderaten Tönen zu überstehen ist nicht schwer. Dazu braucht es etwas Selbstdisziplin, Kontrolle der eigenen Gefolgschaft und eine gute Werbeagentur. Vier Jahre zu regieren ist wesentlich schwieriger. Vor allem, wenn den Preis die katalanischen Nationalisten von CiU und ihre baskischen Kollegen der PNV festlegen. Sie sind mehr als nur ein Zünglein an der Waage à la FDP.

Zwar sind beide Parteien bereit, in Madrid Verantwortung zu übernehmen, doch die Stimmen dafür holen sie sich zu Hause. Für sie macht Mitregieren nur dann Sinn, wenn für ihre Regionen etwas abfällt. Ist dieses Ziel erreicht oder gefährdet die Liebäugelei mit der Zentralmacht das nationalistische Image zu sehr, wird die Zusammenarbeit auch schnell wieder aufgekündigt. Felipe González kann davon ein Lied singen.

CiU und PNV verbindet mit Aznar noch weniger als einst mit González. Obwohl beide Parteien wie die PP der Europäischen Volkspartei angehören, ist ihre ideologische Verbindung mehr als schwach. Lief doch die spanische Rechte mit ihrer zentralstaatlichen Prägung immer wieder Sturm gegen Autonomiebestrebungen der Regionen.

Sollte es dennoch zum Auftakt der Legislaturperiode zu einer – wie auch immer gearteten – Zusammenarbeit oder Tolerierung kommen, wird die PP einen Großteil ihrer politischen Entscheidungsfähigkeit einbüßen. Und will Aznar dann auch noch wiedergewählt werden, muß er diese ungewöhnliche Zusammenarbeit jenem Teil seiner Wählerschaft nahebringen, der aus stramm rechten Kreisen stammt. Mit den neugewonnenen Stimmen aus der politischen Mitte lassen sich zwar einmal die fehlenden Prozente für einen Wahlsieg auffüllen. Aber das ist nicht zu wiederholen, wenn Aznar seine national gesinnte Basis verprellt. Eine Zwickmühle, der er kaum entkommen kann. Reiner Wandler, Madrid

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen