: NRW-Grüne knicken ein
■ Rot-grüne Koalition vorerst gerettet: Grüne stimmen Haushalt zu und rücken damit vom Parteitagsbeschluß ab
Düsseldorf/Bonn (taz) – Um die Koalition zu retten, geben die nordrhein-westfälischen Grünen im Streit mit der SPD um den Haushalt nach. Nach stundenlangen Diskussionen stimmte die Fraktion gestern knapp mit 13 gegen 11 Stimmen dafür, den Etat von Wirtschafts- und Verkehrsminister Wolfgang Clement (SPD) nicht länger zu blockieren. Parteisprecher Rainer Priggen hatte dafür plädiert, trotz der „klaren Niederlage“ beim Streit um den Dortmunder Flughafenausbau einzulenken, weil der Haushalt „insgesamt positiv“ sei. Trotz der „tiefgreifenden Differenzen“ bestünden nach wie vor „Chancen“ für die Koalition.
Die SPD war während der siebenstündigen Verhandlung in der Nacht zum Dienstag keinen Millimeter von ihrer Position abgewichen. Bei der heutigen Abstimmung im Wirtschaftsausschuß wollen die Grünen nun ebenso zustimmen wie bei der zweiten Lesung des Haushalts in der kommenden Woche. Der grüne Parteirat hatte die Fraktion aufgefordert, den Wirtschaftsetat „abzulehnen“, weil darin 20 Millionen Mark für den Ausbau des Dortmunder Flughafens vorgesehen sind. Die endgültige Entscheidung über den Fortbestand der Koalition fällt nun auf dem grünen Parteitag am 16. März. Kurz darauf findet die dritte Lesung des Haushalts im Parlament statt. Sollte der Parteitag weiter die Blockade verlangen, wäre die Koalition nach Auffassung beider Partner zu Ende. Nach dem Beschluß der SPD-Fraktion sollen die Baumaßnahmen am Dortmunder Flughafen ohne Einschränkungen „im vorgesehenen Umfang realisiert werden“. Der Flughafen habe „die Funktion eines Geschäftsflughafens“ und solle „nicht auf Tourismus“ ausgerichtet werden. Daran habe sich die Gesamtkapazität zu orientieren. Als Bonbon bietet Clement den Grünen an, 20 Millionen Mark in die Verlagerung des Frachtverkehrs von der Straße auf die Schiene zu stecken.
Dem Fraktionsvorsitzenden Matthiesen zufolge erwartet die SPD von den Grünen jetzt auch die Zustimmung zu den anderen drei umstrittenen Verkehrsprojekten. Die „Quälerei“ darum und der „elende Zustand“ der Koalition müßten „so schnell wie möglich beendet werden“. Dabei machte Clement klar, daß es eine Kernruhezeit für den Kölner Flughafen nicht geben werde und der ICE-Anschluß für den Airport ohne Einschränkung realisiert werden müsse. Der grüne Sprecher Priggen sagte, es bestehe kein Grund zur Hektik bei den anderen Verkehrsprojekten. Eine Fristsetzung werde von den Grünen „nicht akzeptiert“.
Die Bonner Grünen zeigten sich gestern verstört über die fehlende Kompromißbereitschaft der NRW-SPD und besorgt wegen der Auswirkungen auf ein bundesweites rot-grünes Bündnis. Fraktionssprecher Joschka Fischer nannte die Haltung der SPD „mit rationalen Kriterien nur noch schwer nachvollziehbar“. Ihr Kurs sei hoch gefährlich. Wenn das rot- grüne Projekt in Düsseldorf scheitere, würden beide Seiten Schaden nehmen.
Der Bonner SPD-Fraktionschef Rudolf Scharping hatte am Morgen die NRW- Grünen für den Konflikt verantwortlich gemacht und schnelles Einlenken gefordert: „Ich hoffe, die Grünen verstehen, welche enorme Belastung ihr Verhalten bedeutet für die Koalition in NRW und die Perspektive auf das Jahr 1998“, sagte er in Anspielung auf die Bundestagswahlen. Walter Jakobs/Hans Monath
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen