Olli unser Held

■ Pierwoß und Kahrs in inniger Umarmung – fast. Ein rauschendes Fußballfest von Dagmar Bleiker

Nach dem 2:1 gegen Hamburg ist die Werder-Welt wieder in Ordnung. Ein Unentschieden und zwei Siege in Folge genügten, um sich deutlich um fünf Punkte vom Absteigerfeld abzusetzen. In nur vier Tagen verbesserten sich die Grün-Weißen vom 16. auf den elften Tabellenplatz – da klingt der Basler-Spruch vom Kampf um einen Uefa-Cup-Platz nicht mehr ganz so großspurig.

Mit Dixie Dörner kam das Glück zurück. Beim Nord-Derby wurde deutlich, das gutes Spielen allein ohne das nötige Quentchen Glück eben nicht reicht. Die Werder-Elf hat glücklich, aber nicht unverdient gewonnen. Unter Aad de Mos gingen solche Spiele verloren. Schnell machte deshalb der Spruch vom Talisman(n) Dixie Dörner auf der Pressetribüne die Runde. Auch die Werder-Oberen wirkten nach dem hochklassigen und spannenden Spiel sichtlich erleichtert – Kommentar von Schatzmeister Manfred Müller: „Das gleicht sich alles aus. Nach dem Pech der Hinrunde haben wir jetzt in der Rückrunde eben Glück!“

Held des Tages war eindeutig Oliver Reck. Mit zahlreichen Glanzparaden rettete der Torwart zum Schluß den Sieg über die Zeit. Beide Mannschaften zeigten ein Klasse-Spiel und sorgten für torreife Szenen am laufenden Band. Genau wie sein Gegenüber Holger Hiemann, der für den HSV trotz der zwei Treffer sein überzeugendes zweites Bundeligaspiel absolvierte, hatte Werders Keeper alle Hände voll zu tun. Hatte Werder in der ersten Halbzeit noch den größeren Spielanteil, sorgte der HSV in der zweiten Halbzeit für immer mehr Druck. „Olli, Olli“-Sprechchöre honorierten die außergewöhnliche Leistung der Nummer 1 im Bremer Tor. „Das hat es zuletzt im Mai letzten Jafives gegeben,“ erinnerte sich der Gefeierte in der Pressekonferenz. Nach langer Verletzungspause ist Reck ein glanzvolles Gomeback gelungen, das auch von Bundestrainer Berti Vogts nicht unbemerkt bleiben sollte.

Gelegenheit für die sehenswerten Torwarteinsätze gab das zeitweise heillos durcheinandergeratene Abwehrfeld der Werderaner. Selbst Reck kommentierte das nicht sehr profihafte Gewusel im eigenen Strafraum mit einem knappen „ich wurde zu außergewöhnlichen Taten gezwungen“. Nicht zuletzt dank des offenen Schlagabtausches zwischen beiden Mannschaften blieben fast alle der knapp 30.000 Zuschauer bis zum Abpfiff im Stadion. Nach den zahlreichen Partien mit 90 Minuten lustlosen Geckicke war es für die Fans endlich mal wieder eine Lust, zuzuschauen.

Ein weiterer Spieler wird den Tag in guter Erinnerung behalten. Rodolfo Cardoso gelang der erlösende erste Bundesliga-Treffer für Werder. Der Teeniestar zeigte eine überzeugende Leistung. Bleibt zu hoffen, daß jetzt bei dem Argentinier der Knoten geplatzt ist. Lob und Anerkennung verdiente sich auch Heiko Scholz. Mit seinem Treffer in der dritten Mintite lieferte der Sachse einen Auftakt nach Maß. Endlich einmal wieder konnten die Werderaner mit dein Treffer im Rücken befreit aufspielen.

Super-Mario blieb ein Treffer diesmal versagt. Trotz einiger glanzvoller Alleingänge in der zweiten Halbzeit konnte er das Leder nicht im Hamburger Tor plazieren.

Daß die Werderaner weiterhin Everybodies Darling bleiben, dafür sorgen Manager Willi Lemke und seine Mannen auch mit ihrem Einsatz für die Vulkanesen. Gestern, am Tag nach dem HSV-Spiel, kam es auf der Werft zu einem Trikotausch besonderer Art: Die Werder-Elf im Blaumann und zahlreiche Schiffbaner im Fußballdress posierten für ein denkwürdiges Foto auf der Werft. Neben dieser fotogenen Soliaktion haben die Werderaner mit Hansa Rostock ein Freundschaftsspiel zugunsten des Sozialfonds der Vulkan-Mitarbeiter verabredet. Dank eines Sponsors sind bereits Einnahmen in Höhe von 110.000 Mark sicher.

Als sich im Freudentaumel nach dem Abpfiff Theaterintendant Klaus Pierwoß und Senatorin Bringfriede Kahrs zufällig über den Weg liefen, da fehlte nicht viel, und die beiden wären sich um den Hals gefallen – Werder macht's möglich.