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Ein teures Ende mit vielen Rätseln

Sachsens Regierung ruft den Staatsanwalt: Schweizer Investor soll für das „modernste Metallurgiewerk Europas“ Subventionen erschlichen haben. Pleite bei Werkstoff-Union Lippendorf  ■ Von Detlef Krell

Dresden (taz) – Sachsens Wirtschaftsministerium schnürt Akten für den Staatsanwalt: Der Vorstandschef der Schweizer Intercept AG Schaffhausen soll für sein inzwischen in die Gesamtvollstreckung gerutschtes „modernstes Metallurgiewerk Europas“, die Werkstoff-Union in Lippendorf, 46 Millionen Subventions-Mark erschlichen und gegen EU-Recht verstoßen haben.

Die Europäische Kommission in Brüssel hat gegen den Freistaat ein Untersuchungsverfahren eingeleitet, weil diese staatliche Beihilfe für das 285-Millionen-Mark- Projekt nicht genehmigt war. In Dresden heißt es dazu, der Investor habe nach Bewilligung der Fördergelder „hinter unserem Rücken“ sein Konzept geändert. Das ursprüngliche Unternehmenskonzept hätte keiner Genehmigung durch Brüssel bedurft. In der Stahlbranche sind staatliche Zuschüsse nur dann zulässig, wenn ein Kapazitätsabbau erfolgt. In dem Leipziger Werk wurde jedoch die Kapazität für Rohstahl und warmgewalzte Produkte erweitert.

Sachsen hat von zugesagten 46 Millionen Mark bisher 30 Millionen an den Investor ausgezahlt. Zudem wurden ein Steuervorteil von 17,3 Millionen und Ausfallbürgschaften für 230 Millionen Mark vereinbart. Der Betrieb mit 180 Beschäftigten arbeitete für die Chemie-, Umwelt- und Raumfahrtindustrie.

In ihrer gestrigen Ausgabe zitierte die Sächsische Zeitung einen Mitarbeiter der Konkurrenzfirma Schmidt & Clemens GmbH und Co KG in Lindlar bei Köln, der in Lippendorf ein Intermezzo gegeben und für die Betriebsratswahl kandidiert hat. Der von der Werkstoff-Union mit einer satten Abfindung gekündigte Kollege will von Anfang an gewußt haben, „daß das Ding in Lippendorf eine Abschreibungsruine ist, die irgendwann in ihren Einzelteilen verscherbelt wird“. Das Werk hätte keine Daseinsberechtigung: „Was dort produziert wird, will keiner haben.“

Just die Lindlarer Firma hat im vorigen Jahr gegen die Europäische Kommission geklagt, weil die sich nicht mit diesem sächsischen Subventionsfall befaßt hat. Der Geschäftsführer des Familienunternehmens, Christoph Schmidt- Krayer, erklärte der taz, die „erfolgreiche Klage“ gegen die Brüsseler Kommission hätte mit der Recherche jenes Mitarbeiters „nichts zu tun“.

Offen bleibt die Frage, warum das Lindlarer Unternehmen über die Absichten des Schweizer Investors früher und besser informiert war als das Wirtschaftsministerium in Dresden. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Friedemann Tiedt, sieht darin einen „Skandal in einer anderen Dimension als Germania und Sachsenmilch“, die beiden anderen prominenten Pleiten im Freistaat mit bisher ungeklärter Regierungsbeteiligung. Als Vorsitzender des Finanz- und Haushaltausschusses habe er gegen die Förderung der Werkstoff-Union argumentiert. In Deutschland streiten rund 90 mittelständische Unternehmen um den Edelstahl-Markt.

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