piwik no script img

Die Bremer Kinotaz... ...alle Filme, alle Termine

12 Monkeys USA 1995, R: Terry Gilliam, D: Bruce Willis, Madeleine Stowe, Brad Pitt

Plötzlich kommt ein riesiger Fuß aus dem Himmel und zertritt alles auf der Erde. Dies ist die Schlüsselsequenz des Regisseurs Terry Gilliam, der sie in seinen Zeichentrickfilmen für „Monty Python's Flying Circus“ immer wieder animierte und auch seine Spielfilme nach dem gleichen Prinzip aufbaut. In seinem neuen Film ist sein Fuß aus den Wolken so groß wie noch nie vorher: Er vernichtet gleich 5 Milliarden Menschen, die im Jahre 1996 von einer Viren-Katastrophe dahingerafft werden. Im Jahr 2035 vegetieren die wenigen Überlebenden in einem ewig dunklen Unterwelt-System und der Häftling James Cole wird mit einer klapprigen Zeitmaschine in die Vergangenheit geschickt, um dort den Ursprung der Apokalypse zum untersuchen. Wer Bruce Willis bisher nur für einen tumben Star des Actionkinos gehalten hat, wird hier eine Überraschung erleben, den Willis spielt den Zeitreisenden als eine gequälte, verlorenen Kreatur mit einer Verletzlichkeit, durch die der Film weit mehr ist als nur ein raffiniert angelegtes Gedankenspiel. Gilliam schlägt hier so viele irrsinnige Haken, daß man bis zur letzten Szene nie genau weiß, was man da eigentlich ansieht: einen Fiebertraum, ein Menetekel oder einen futuristischen Thriller? (hip) Schauburg

101 Dalmatiner USA 1960, R: Wolfgang Reithermeier

Viele süße, vermenschlichte Hunde in einem Disney-Zeichenterickfilm. Kino 46

Braveheart USA 1995, R: Mel Gibson, D: Mel Gibson, Sophie Marceau

„Gibsons brillante Idee ist es, die epischen Qualitäten des Stoffes voll auszuspielen (tragische Romanze, übermenschlicher Heldenmut, verschwenderische Aufnahmen und tausende von Statisten) und all dem einen schwungvollen, zeitgenössischen Kick zu geben. So ist „Braveheart“ auch ein explosiver Actionfilm. Man sollte ihn gar nicht erst mit dem farblosen „Rob Roy“ vergleichen, sondern mit „Stirb Langsam“. (New York Times) Ufa-Palast

C

Casino USA 1995, R: Martin Scorsese, D: Robert De Niro, Sharon Stone

"Casino“ ist Martin Scorseses 17. Film und - vielleicht mit der Ausnahme von „After Hours“ - sein Uninteressantester. In diesem Film kehrt der Regisseur wieder in die Welt der Mafia zurück, die er schon so fesselnd in „Mean Street“ und „Good-Fellas“ beschrieben hat. Aber es scheint so, als wäre Scorsese nun einmal zu oft zum Brunnen gegangen. Während er die mit viel Gewalt angefüllte Geschichte von zwei guten Freunden und der Frau, die sie auseinanderbringt, erzählt, hat Scorsese offenbar keine neue Einsichten in die amoralische Lebensweise seiner Protagonisten gefunden. Ja, die Inszenierung ist packend und virtuos, wie fast immer bei Scorsese, aber statt die Themen des Films expressiv zu verschmelzen, lenkt sein cineastisches Feuerwerk uns hier nur von dem Vakuum ab, das sich im Kern des Films auftut. Dies ist ein leerer, langatmiger Film, ein enttäuschender Neuaufguß seiner brillanten früheren Arbeiten.“ (Worldpremiere) City, UFA-Palast

Copykill USA 1995, R: Jon Amiel, D: Sigourney Weaver, Holly Hunter

„Ihre Spannung bezieht die raffiniert angelegte Story aus einem Katz- und Maus-Spiel, in das der Zuschauer gnadenlos hineingezogen wird. Die Greueltaten bleiben glücklicherweise weitgehend der Phantasie der Zuschauer überlassen. Daß darüber hinaus mit Sigourney Weaver und Holly Hunter zwei starke Frauen die Hauptrollen spielen, ist ein weiterer Pluspunkt dieses Psychothrillers. „Copykill“ kann es in mancher Hinsicht mit dem „Schweigen der Lämmer“ aufnehmen.“ (TV-Spielfilm) Ufa-Stern

D

Dangerous Minds – Wilde Gedanken USA 1995, R: John Smith, D: Michelle Pfeiffer u.a.

„Der Club der toten Dichter“ im Ghettoland. Diese Expedition in den „Blackboard Jungle“ ist peinlichst politisch korrekt und wäre nicht viel mehr als gut gemeint, wenn Michelle Pfeiffer in der Rolle der tapferen Lehrerin nicht so umwerfend wäre.“ (hip) City

Delicatessen Frankreich 1991, R: Jean-Pierre Jeunet, Marc Caro, D: Dominique Pinon, Jean-Claude Dreyfus

„Delicatessen spielt in einer gar nicht so fernen Zukunft, in der die Fleischliebhaber aller Länder endgültig das Nachsehen haben. Hin und wieder verschwindet ein armer Mensch in den Arbeitsräumen des schmierigen Schlachters, und dann freut sich die ansässige Hausgemeinde über Leberpfanne und Herzragout. Jeunet und Caro verstehen es meisterhaft, die blutrünstigen Gedanken hungriger Schlachter mit dem bebrillten Charme kluger, aber schüchterner Fleischerstöchter zu paaren. Die gierige Hausgemeinschaft könnte dem Gruselkabinett des Dr. Caligari entsprungen sein, und doch sind es nur die armen Schweine von ebenan.“ (taz) Gondel

Die Dreigroschenoper Deutschland/USA 1931, R: G.W. Pabst, D: Rudolf Forster, Reinhold Schünzel

„Kurios und fesselnd ist an Pabsts Inszenierung nicht zuletzt seine bewußt irreale Machart und Ästhetik. Es ist, als sähe man dem Kino bei Wachsen und Großwerden zu. Der Stummfilm war eben überwunden, und diese Straßenoper war wie dazu geschaffen, das neue Medium in Wort und Musik zu feiern. Vieles erinnert hier noch an expressionistisches Theater, es wird allerdings auch garnicht versucht, das Kulissenhafte zu kaschieren. Die Bauten von Andrej Andrejew beschwören ein phantastisches, irreales und hochatmosphärisches London herauf. Das Werk ist mit seiner Kombination aus Schnoddrigkeit, Tempo, politisch-moralischem Ernst und schräger Energie eine der zeitlosen Köstlichkeiten unseres Kulturguts.“ (epd-Film) Kino 46

E

Ein amerikanischer Quilt USA 1995, R: Jocelyn Moorhouse, D: Winona Ryder, Anne Bancroft, Ellen Burstyn, Jean Simmons

„Dieses Weichzeichner-Idyll versammelt ein Kaffeekränzchen dezent angejahrter Aktricen, um über die Liebe, die Treue und den Mann zu sinnieren. Selbst der grandios grantelnden Anne Bancroft gelingt es nicht, den Saccharingehalt dieses sentimentalen Seniorinnen-Reigens zu senken.“ (Der Spiegel) Modernes / Originalfassung: Ufa-Palast

Ein Geschenk des Himmels – Vater der Braut 2 USA 1995, R: Charles Shyer, D: Steve Martin, Diane Keaton

„Diesmal sieht sich Steve Martin doppeltem Kummer gegenüber. Nicht nur läßt ihn die Ankündigung seiner Tochter, Mutter zu werden, sich plötzlich furchtbar alt fühlen, sondern es führt eines der Gegenmittel – spontaner Sex auf dem Küchenboden – auch noch zur Schwangerschaft von Ehefrau Diane Keaton. Das dünne Drehbuch wird mit zusätzlichen Komplikationen aufgepeppt, einschließlich einer Parallelgeburt als Finale, und ist in jedem Moment vorhersehbar.“ (tip) Ufa-Stern

Ein Schweinchen namens Babe USA 1995, R: Chris Noonan, D: James Cromwell, Magda Szubanski

„Das muß man erstmal auf die Beine stellen: Sprechende Tiere in einem Spielfilm, und das als Unterhaltungsstück für alle von 8 bis 80. Chris Noonan setzte diese unverfrorene Viecherei beschwingt und schweinisch gut in Szene.“ (Bremer) Schauburg, UT-Kinocenter, Ufa-Palast, Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)

El Perque De Tot Plegat (Der Grund der Dinge) Spanien 1994, R: Ventura Pons / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Der Film basiert auf 15 Kurzgeschichten des katalanischen Schriftstellers Ouim Monzo. Die spanische Filmkritik hat den Film mit Robert Altmans „Short Cuts“ verglichen. Es ist ein Film, der den Dingen im wahrsten Sinne des Wortes „auf den Grund“ geht. Die Geschichten stehen eigentlich in keinem Zusammenhang miteinander. Aber gemeinsam verweben sie sich zu einem wechselseitig erhellenden Geflecht der Beziehungen und Gefühle.“ (Katalog des internationalen Filmfestivals Mannheim-Heidelberg) Kino 46

Der Engländer, der auf einen Hügel stieg und von einem Berg herunterkam Großbritannien 1995, R: Christopher Monger, D: Hugh Grant, Colm Meany

„Dieser Film hat etwas, das man ansonsten eher Menschen zuschreibt: innere Werte. Hugh Grant zieht mit seinem hilflosen Kleinjungendackelblick, dem linkischen Achselzucken und dem spitzbübisch grübchenbildenden Lächeln seine zwischenzeitlich hinlänglich strapazierten Register als richtiger Mann am falschen Ort, den man liebzuhaben hat.“ (epd-Film) Ufa-Stern

F

Familienfest und andere Schwierigkeiten USA 1995, R: Jodie Foster, D: Holly Hunter, Anne Bancroft

„Diese ist ein Frontbericht vom Zusammenprall unterschiedlicher Charaktere. Man muß sich ja nicht mögen, schließlich ist man miteinander verwandt. Der eine oder andere bittere Moment der Wahrheit kann nicht darüber hinwegtäuschen, daß Jodie Foster im Grunde eine Hymne an Nestwärme und Familienwerte gelungen ist, die mit einem Schuß Sentimentalität menschliche Schwächen beobachtet, ohne diese bloßzustellen.“ (D. Lackner) Schauburg und UT-Kino

Four Rooms USA 1995, R: Quentin Tarantino, Robert Rodriguez, Alexandre Rockwell, Allison Anders, D: Tim Roth, Jennifer Beals, Antonio Banderas

„Ort und Zeit sowie eine durchgehende Figur halten die vier Geschichten zusammen: Silvesternacht in einem Hotel in Los Angeles, das seine besten Tage schon hinter sich hat. Geradezu unerträglich wird er durch das Spiel von Tim Roth als Page, der wie eine Mischung aus Jim Carrey und Daffy Duck agiert. Den vier Filmemachern mag eine überdrehte Komödie vorgeschwebt haben; aber dafür hätte es bedeutend originellerer Geschichten bedurft. (tip) Atelier

H

Happy Weekend Deutschland 1996, R: Ed Herzog, D: Erik Goertz, Anton Rattinger

„Regiedebütant Herzog beleuchtet in seinem Lustspiel das Berufs- und Privatleben des polygamen Polizisten Joachim Krippo, eines jungen Mannes, der Sex bevorzugt mit Pärchen praktiziert. Durch seinen leicht abnorm veranlagten Kollegen Horst, einen Hundeliebhaber mit Faible für Latexunterwäsche, wird Krippo in komische kriminelle und sexuelle Abenteuer verstrickt, wobei er eine zunehmende Aversion gegen Gummi-Erotik entwickelt.“ (tip) Ufa-Stern

Heat USA 1995, R: Michael Mann, D: Robert De Niro, Al Pacino

„Clever war es, „Heat“ tatsächlich als Tragödie zu inszenieren. Michael Manns Film ist das klassische Drama zweier ewig zweifelnder, fatalistischer Männer, eingebettet in einen effizient und spannend gedrehten Thriller. Die Geschichte zweier tragischer Helden, die in dem festen Glauben, die Welt würde nach den von ihnen entworfenen Regeln funktionieren, Sympathieträger und Loser zugleich sind. Zum Schluß möchte man niemanden sterben sehen, so sehr sind die Grenzen zwischen Gut und Böse ambivalent geworden, ist das Scheitern im Menschlichen in den Vordergrund gerückt. Ein großer Film.“ (taz) UT-Kinocenter, Ufa-Palast

Hera Linds - Das Superweib Deutschland 1995, R: Sönke Wortmann, D: Veronica Ferres, Joachim Krol

„Ein Bestsellerautor, ein Erfolgsregisseur, eine bewährte Besetzung, ein dynamischer Produzent: Was soll da schiefgehen ? Hera Linds Erfolgsroman „Das Superweib“ lieferte Sönke Wortmann und Produzent Bernd Eichinger die Vorlage für die Komödie um Franziska, die durch Zufall zur Bestsellerautorin wird. Wortmann ist sicher einer der talentiertesten deutschen Komödienmacher. Das merkt man auch dem Film an, obwohl alles ein bißchen nach Routine riecht.“ (TV-Spielfilm) UT-Kinocenter, Ufa-Palast

Der Himmel über der Wüste Großbritannien/USA 1990, R: Bernardo Bertolucci, D: John Malkovich, Debra Winger

„Das klare Blau des Himmels wird zunehmend von der goldenen Farben des Sands dominiert, die warmen Töne, das trübe Zwielicht verdrängen die kühle Souveränität der reisenden Touristen. Aber „Der Himmel über der Wüste“ handelt nicht von der Faszination des Fremden, sondern schwelgt selbst quasi bewußtlos im Exotischen. Bertolucci hat Paul Bowles Roman verfilmt und will wie dieser die ganz großen Themen verhandeln - Liebe und Tod, mindestens - aber die Tragik bleibt bloße Behauptung und die Spannung reduziert auf Landschaftsbilder. Afrika, der dunkle Kontinent: Bertolucci macht daraus einen Reiseprospekt.“ (taz) Kino 46

J

Jardines Colgantes (Hängende Gärten) Spanien 1993, R: Pablo Llorca, D: Iciar Bollain, Feodor Atkine /Originalfassung mit Untertiteln

"Llorca wollte eine persöhnliche Arbeit ohne jegliche Konzession ans Publikum machen, indem er das Geflecht eines geschlossenen Universums schildert, eine befremdliche Wirklichkeit, die um eine sozial konzentriertes und bedrückendes Zentrum kreist, die keinen Bezug zu einer konkreten Zeit oder zu wiedererkennbaren Orten hat. In einem Wohnhaus und einer Bar, wo alle sich versammeln, einige orientierungslose Figuren sich bespitzeln, sich verbinden, sich unterstützen in der Ungerechtigkeit ihrer privaten Hölle. Der Film ist bedrückend, entmutigend und gleichzeitig anziehend. Er läßt uns einen in seiner Verschiedenartigkeit mutigen Autor entdecken, der eine fast schon anmaßende Treue sich selbst gegenüber besitzt, die in diesen Zeiten überrascht.“ (ABC, Madrid) Kino 46

Jumanji USA 1995, R: Joe Johnston, D: Robin Williams, Bonnie Hunt, Kirsten Dunst und die Drolly Dinos

„Viel Trick-Getöse in einer netten Story ohne Tiefgang.“ (Prinz) UT-Kino, Ufa-Palast und Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshsn.)

K

Kika Spanien 1994, R: Pedro Almodovar, D: Victoria Abril, Peter Coyote

„Kika“ ist eine schwarze Komödie auf der Höhe unserer Zeit. Da gibt es die Moderatorin einer Reality-Show mit dem Titel „Das Schlimmste des Tages“, die in einem futuristischen Anzug mit integrierter Kamera über Leichen geht, um allerhand Mörder möglichst hautnah bei ihrer Arbeit zu filmen. Ein Pornodarsteller gerät in sexuelle Raserei, ein Serienmörder schreibt seine Memoiren – der ganz normale Irrsinnn von heute wird hier mit Almodovars erlesener Geschmacklosigkeit verbraten. (hip) Kino 46

Kleine Giganten USA 1995, R: Dwayne Dunham, D: Rick Moranis, Ed O'Neill

„American Football begeistert die Amerikaner immer noch - und nicht nur die großen! Ausgerechent Rick Moranis, selbst nicht gerade hochgewachsen, soll eine Football-Mannschaft von Dreikäsehochs zum Erfolg führen. Außerdem mit von der Party: Ed O'Neill, besser bekannt als Al Bundy. Nette Warner-Komödie.“ (TV-Spielfilm) Ufa-Palast

Konferenz der Tiere Deutschland 1969, R: Curt Linda

„Der Menschenkinder wegen beschließen die Tiere auf einer dazu einberufenen Konferenz Maßnahmen zum Schutz des Friedens und der Menschlichkeit, und zwingen die Erwachsene, diese Vorschläge zu verwirklichen. Zeichentrickfilm nach Erich Kästner, phantaisevoll animiert und musikalisch gut arrangiert.“ (Rowohlt Filmlexikon) Atlantis

L

La Ardilla Roja – Das rote Eichhörnchen Spanien 1993, R: Julio Medem, D: Emma Suarez, Nancho Novo /Originalfassung mit Untertiteln

„Eine eigenwillige Liebesgeschichte um einen Musiker, privat und beruflich in einer Pechsträhne, der einem hübschen jungen Unfallopfer ohne Erinnerung vortäuscht, sie hätten schon jahrelang ein Verhältnis miteinander. Die Frau geht darauf ein, obwohl ihre Amnesie nicht so lange anhält, wie er glaubt. Der poetische, aber auch dramatische, mit Träumen und Symbolen durchsetzte, ansprechend inszenierte und gespielte Film behandelt ein bekanntes Thema in origineller Form: Beziehungsschwierigkeiten und Machkämpfe zwischen Männern und Frauen.“ (multimedia) Kino 46

La Ley de Deseo (Das Gesetz der Begierde) Spanien 1986, R: Pedro Almodovar, D: Eusebio Poncela, Antonio Banderas /Originalfassung mit Untertiteln

„Rainer Werner Fassbinder hätte den Film gemocht. In seiner hemmungslosen Melodramatik und dem Beharren auf Liebe und Sexualität als widerborstigen Machtinstrumenten ist er eine aberwitzig-skurile Mischung aus „Warnung vor einer heiligen Nutte“ und „Querelle“, so offen im Ausbeuten eigener Schwierigkeiten wie der eine und so lethargisch schwul wie der andere Film.“ (epd-Film) Kino 46

Leni Deutschland 1993, R: Leo Hiemer, D: Hannes Thanheiser, Christa Berndl

„Die Geschichte ist wahr und hat sich Anfang der vierziger Jahre im Dorf Steifenhofen ereignet, wo Hiemer schon bei seinem Recherchen Unmut erregte. Kein Wunder: Die kleine Magdalena war ein jüdisches Pflegekind, das in der ländlichen Idylle eines Bauernhofes aufwuchs und als Fünfjährige unter dem Druck der Dorfbevölkerung in ein Vernichtungslager deportiert wurde. Keine Auschwitz-Rampe mit kahlgeschorenen Opfern ist in diesem Film zu sehen, und dennoch geht „Leni“ unter die Haut. Die klare und ruhige Filmsprache Hiemers rührt die Zuschauer nicht nur, sie regt zum Nachdenken an über die Millionen Lenis, sprich: die Nachbarschaft des damaligen Grauens und das Versagen der Mitmenschlichkeit.“ (Bremer) Atlantis

Männerpension Deutschland 1995, R: Detlev Buck, D: Detlev Buck, Til Schweiger, Heike Makatsch

„Männerpension zeugt davon, daß Buck auch anders kann. Er hat dazugelernt, ist mutiger geworden. Tauchten die guten alten Kinoklischees in seinen bisherigen Filmen allenfalls als närrische Parodien auf, so spielt er diesmal souverän damit, traut sich was. Zwecks Resozialisierung wird eine Gruppe von Knackis der Obhut alleinstehender Frauen überlassen. Das ist der Auftakt zu gleich zwei leidenschaftlichen Liebesgeschichten - die eine knistert von Erotik, die andere ist mehr was fürs Herz.“ (tip) Cinema, City und Apollo (WHV)

Mutters Courage Deutschland/Großbritannien 1995, R: Michael Verhoeven, D: George Tabori, Pauline Collins

„Wenn dieser Regisseur nur nicht soviel Angst vor Mutters Courage hätte, die die Courage und die Rettung einer einzelnen ist. Ganz allein steht Pauline Collings als Elsa Tabori 1944 in Budapest wieder auf dem Bahnhof. Und dann läßt Verhoeven sie mit ihrem Judenstern über den heutigen Kurfürstendamm zum Hause ihrer Schwesetr laufen – Antifa-vollkompatibel und pädagogisch wertvoll, und den Bayerischen Filmpreis hat es auch schon gebracht. Es ist nicht das Schlußbild, aber es bleibt als solches im Gedächtnis.“ (taz) Atelier

N

Nelly & Monsieur Arnaud Frankreich 1995, R: Claude Sautet, D: Emmanuelle Beart, Michel Serrault

„So schön wie die Menschen und so gediegen wie ihre Wohnungen sind auch Sautets Bilder, die Kamera ist ruhig und hoheitsvoll. Alles unter Kontrolle in dieser schönen Welt voller Bilder und Bücher. Einziges und großes Vergnügen in der geballten Bildungsbürgerlichkeit ist Michel Serrault, während Emmanuelle Beart die ganze Zeit aussieht, als wolle sie sich jeden Augenblick die Nägel lackieren.“ (tip) Atlantis

Niki de St. Phalle Deutschland 1994, R: Peter Schamoni, D: Niki de Saint Phalle, Jean Tinguely

Die französisch-amerikanische Künstlerin Niki de Saint Phalle erzählt von ihrem Leben, ihrem Werk und der Zusammenarbeit mit ihrem 1991 verstorbenen Ehemann, dem Kinetikkünstler Jean Tinguely. Cinema

Nixon USA 1995, R: Oliver Stone, D: Anthony Hopkins

„Virtuos auch die Montage von Spiel und Dokumentation bei Nixons Unterredungen mit den Großen dieser Welt, allen voran mit dem Vorsitzenden Mao. Aber selbst hier, wo Geschichte auf der Schichtl-Bühne abgehandelt wird, gönnt Stone uns kein bißchen ironische Distanz. Er packt uns bei unseren voyeuristischen Bedürfnissen, dem übermächtigen Verlangen, durchs Schlüsselloch zu gucken, wenn die Staatenlenker Schicksal spielen. Seine Montagetechnik zielt auf Suggestion. Befreiendes Gelächter ist nicht vorgesehen.“ (taz) City

O

Operation: Broken Arrow USA 1996, R: John Woo, D: John Travolta

„Operation: Broken Arrow“ ist fabelhaft rasant inszeniert, aber wie eine Komödie von Pointe zu Pointe: Es ist, als hätte Woo seinen ganzen Virtuosen-Ehrgeiz daran gesetzt, ein Feuerwerk von Oberflächenreizen zu entzünden, eine bedeutungsfreie Montage-Choreographie des Kampfes. Doch diesmal ist der Schurke der Star, und das ist John Travolta. Seine Kunst, eine Figur ganz unpsychologisch und insofern altmodisch von außen her auf einer handvoll scharfer Manierismen aufzubauen, ist wieder einmal unwiderstehlich; und warum er trotzdem nie einen Oscar kriegt, weiß ja jeder.“ (Der Spiegel) UFA-Stern, UT-Kinocenter

Othello USA 1995, R: Oliver Parker, D: Laurence Fishburne, Kenneth Branagh

„Mit Laurence Fishburne hat Parker einen wirkliche „Mohren“ als Othello, der den kampferprobten General, gerade auch als erotisches Faszinosum für die junge Desdemona zu verkörpern vermag. So wird das Paar in seiner provokanten Erotik deutlich, und deutlicher wird damit auch der rassistisch-schrille Haß Jagos (großartig Kenneth Branagh). Merkwürdiges Paradox: Loncraines „Richard III“, der in Anbiederung an Actionkino-Elemente besonders „filmisch“ sein will, ist tatsächlich „theatralisch“, während Parkers „Othello“ in seiner größeren Treue zu den Vorgaben des Stücks und dessen Sprache der „filmischere“ Film ist.“ (epd-Film) Schauburg

P

Peterchens Mondfahrt Deutschland 1987, R: Wolfgang Urchs

„Peterchen und seine Schwester Anneliese fliegen mit dem fünfbeinigen Maikäfer Sumsemann auf den Mond, um dort dessen seit Generationen „verlorenes“ sechstes Bein zurückzuholen. Auf Kinder im Märchenalter zugeschnittenes, spannendes und humoriges Zeichentrickfilm-Abenteuer.“ (Internat. Filmlexikon) Gondel

Pocahontas USA 1995, R: Mike Gabriel, Eric Goldberg

„Pocahontas ist so politisch korrekt wie Müsli-Kekse. Seine indianische Heldin ist groß, muskulös und anmutig, kann durch Stromschnellen steuern und hat ein Gesicht, bei dem die Zeichner peinlich genau jeden karikaturistischen Ansatz vermieden haben.“ (Sight and Sound) City, Schauburg, Ufa-Stern

R

Richard III Großbritannien 1995, R: Richard Loncraine, D: Ian McKellen, Annette Benning, Robert Downey Jr.

„An die vier Stunden braucht ein halbwegs solider Theaterregisseur, um Aufstieg und Fall von Shakespeares fiesestem Finsterling auf der Bühne nachzuerzählen. Der Brite Richard Loncraine schafft es in seiner arg gerafften Kino-Verson in 104 Minuten. Er verlegt den Rosenkrieg in die dekadenten dreißiger Jahre dieses Jahrhunderts: Schnieke Royals rauchen Kette, gönnen sich schon mal eine Ampulle Morphium und walzen zum sinnlichen Sound der Big Band. Richard meuchelt als buckliger Beau von abgefeimter Eleganz. Nachdem er die störende Verwandtschaft aus dem Wege gemordet hat, mausert sich der clevere König in dieser bemerkenswert konsequenten Leinwandfassung zum Fascho-Diktator mit Standarten-Parade und Schwarzhemd-Bataillonen. Die Opposition bläst zum gerechten Kampf und der umzingelte Despot stöhnt in seinem heißgelaufenen Jeep glaubwürdig wie noch nie: Ein Pferd, ein Pferd. Ein Königreich für ein Pferd." (Der Spiegel) Gondel

The Rocky Horror Picture Show Großbritannien 1975, R: Jim Sharman, D: Tim Curry, Susan Sarandon

„Die unangefochtene Königin unter den Mitternachtsfilmen, der definitive Kultfilm, eines der merkwürdigsten Phänomene des Kinos. Über diesen Film kann man gar nicht reden, ohne auf seine Fans einzugehen. Denn diese haben ihn von einer nicht weiter aufregenden Horror-Science-Fiction-Parodie in eine legendäre, unterhaltsame Multi-Media-Show verwandelt. Dies ist der Film mit der erstaunlichsten Publikumsreaktion: Kultisten, die ihn schon 300 mal gesehen haben, und wie ihre Lieblings-Filmfiguren verkleidet sind, sprechen in Massen die Dialoge mit, rufen laut ihre eigenen Variationen zum Text und veranstalten ein Performance, die die Aktionen auf der Leinwand über ihnen halb kopiert und halb parodiert. Es gibt keine auch nur halbwegs ähnliche Show und an guten Abenden ist es wie eine Reise zurück in jene Zeiten, als das Kino die Menschen so zusammenbrachte wie sonst nur die Religionen.“ (Danny Peary) Modernes

S

Salto Al Vacio ((Sprung ins Leere) Spanien 1994, R: Daniel Calparsoro, D: Najwa Nimry, Roberto Shalu /Originalfassung mit englichen Untertiteln

"Ein Kultfilm voller Gewalt und Zärtlichkeit in einer Umgebung, die ohne Moral ist, aber keinesfalls unmoralisch. Es ist die erfolglose Suche eines Mädchens nach Zuneigung, die sie aber weder bei ihren Freunden noch bei ihrer Familie findet. Der Film folgt der Gruppe für etwas mehr als einen Tag - einen Tag voller Gewalt und Hoffnungslosigkeit.“ (Katalog dex Spanischen Kulturfestivals) Kino 46

Schnappt Shorty USA 1995, R: Barry Sonnenfeld, D: John Travolta, Gene Hackmann

„Wenn Sie wissen wollen, wer dieser Chili Palmer ist, dann hat er selber für Sie eine gute Antwort: Ich bin der, der Ihnen sagt, was abläuft!“ Damit ist nicht nur der Romanheld von Elmore Leonards „Get Shorty“ beschrieben, den John Travolta hier mit sanfter Perfektion spielt, sondern auch Leonard selbst. Der sarkastische Grundton des Schriftstellers geht leider in den meisten Filmen, die auf seinen Büchern basieren, verloren, aber Barry Sonnenfelds Film fängt seine souveräne Lakonie schön ein. Und weil „Schnappt Shorty“ auch von Hollywood erzählt, paßt hier auch ideal sein etwas hinterhältiger Spott, der dem Film seinen komischen Schwung gibt. Der Witz dabei ist, daß Chili ein eingefleischter Cineast ist und es liebt, von den samretn Gangsterfilmen zu erzählen, die ihm so gefallen. „Schnappt Shorty“ gehört mit auf seine Liste.“ (New York Times) Ufa-Palast, UT-Kinocenter

Die Schwanenprinzessin USA 1994, R: Richie Rich

„Als wahrer Zuckerbäcker erweist sich Richard Rich mit seinem ersten langen Zeichentrickfilm. Bei der Erzählung einer fantastischen Liebesgeschichte von der verzauberten Prinzessin, die nur von dem geliebten Prinzen befreit werden kann, wagt er sich bis an die Grenze des guten Geschmacks vor. Das Ergebnis dieser gekonnten Gratwanderung ist ein rührendes Märchen mit allem, was dazugehört.“ (tip) UT-Kinocenter

Sinn und Sinnlichkeit England 1995, R: Ang Lee, D: Emma Thompson, Hugh Grant u.a.

Was der taiwanesische Regisseur Ang Lee aus dem britischen Klassiker von Jane Austen gemacht hat, ist bewunderswert. Statt aus der episch breiten Story um die Dashwood-Schwestern und ihrem Liebeswerben eine flache Ausstattungs-Orgie a la Merchant Ivory zu machen, hat Ang Lee so viel Laura Ashley-Atmosphäre wie nötig und so viel ironische Distanz wie möglich in seinen Film gesteckt. Wobei Emma Thompson als verstandesgeleitete Elinor um Hugh Grant (von Ang Lee am Herumkaspern wirksam gehindert) wirbt und ihre Schwester Marianne (Kate Winslet) sich Hals über Kopf in einen nicht ganz ehrenhaften Beau verliebt. Bloß mit dem Titel hatte der Verleih seine Schwierigkeiten: Jane Austens Roman ist im Deutschen als „Verstand und Gefühl“ zu haben, der Film wollte auf die Alliteration nicht verzichten. „Sinn und Sinnlichkeit“ bekam den Goldenen Bären 1996. (Mu) Europa, Casablanca (OL)

Stadtgespräch Deutschland 1995, R: Rainer Kaufmann, D: Katja Riemann, Kai Wiesinger

„Kaufmanns Komödie der Irrungen und Wirrungen versucht es auf die todsichere Tour: ein bißchen Riemann, ein bißchen Wiesinger, eine Prise Singlefrust, etwas schwule Romantik und ein paar krachende Pointen. Obwohl das Rezept nicht ganz aufging, kann der Film dennoch munden.“ (tip) Ufa-Stern

Strange Days USA 1995, R: Kathryn Bigelow D: Ralph Fiennes, Angela Bassett, Juliette Davis

„Strange Days ist ein atemberaubend spannender Action-Film mit Schießereien, Autojagden und einem gefährlichen Serienkiller. Kathryn Bigelow beherrscht die Spielregeln des Genres so souverän wie die Besten unter ihren hartgesottenen Kollegen, aber sie schmuggelt bei all den stunts und special effects auch soviel subversive Gesellschaftskritik in den Film, daß man ihren Mut nur bewundern kann. Nicht umsonst gilt sie in Hollywood als „the only director with balls.“ (hip) Schauburg, UT-Kino

T

Der Tod und das Mädchen USA 1994, R: Roman Polanski, D: Sigourney Weaver, Ben Kingsley

„Jetzt hat Polanski einen intimen Thriller über den Terror gedreht. Einen Film, wie ihn kaum jemand von ihm erwartet hatte, und der trotz einiger Anklänge an seine Klassiker anders ist als alles, was Polaski je auf die Leinwand brachte. Gelungen ist ihm ein großartiges Comeback, ein furchterregendes Psychodrama über die verheerenden Folgen von Diktaturen, darüber, wie die Erinnerung an Verfolgung, Erniedrigung und Folter ganze Lebensläufe beherrschen und vergiften kann. „Der Tod und das Mädchen“ handelt vor allem davon, daß die Vergangenheit für die Leidtragenden der Geschichte niemals vergangen ist.“ (Der Spiegel) Gondel

U

Die üblichen Verdächtigen USA 1995, R: Bryan Singer, D: Gabriel Byrne, Stephen Baldwin, Chazz Palminteri

In jedem guten Thriller werden falsche Spuren gelegt, aber Regisseur Singer tut dies hier so radikal wie kaum jemand vor ihm. Ein Film muß schon verteufelt gut sein, damit das Publikum so etwas schluckt und beim tiefschwarzen Finale von „Die üblichen Verdächtigen“ ist man nicht enttäuscht, sondern völlig verblüfft. (hip) Ufa-Stern und Lindenhof-Lichtspiele

W

Wallace & Gromit – Unter Schafen Großbritannien 1995, R: Nick Park u.a. / der 2. Teil der Aardman Colection / Originalfassung ohne Untertitel

„Mein schönstes Kinoabenteuer in dieser Woche war die halbe Stunde, in der ich Nick Parks neustes Knet-Epos „A Close Shave“ angesehen habe, ein neues Abenteuer von Wallace, dem Erfinder aus Lancashire und seinem immer mitleidenden Hund Gromit. Es gibt da eine fantastische Straßenjagd, bei der Gromits Beiwagen sich vom Motorrad von Wallace ablöst und in ein Kampfflugzeug verwandelt - ganz wie bei Snoopy; ein boshaftes Lamm, daß wie der Pinguin in „The Wrong Trousers“ agiert und ein Puzzle, das in Gromits Zelle geliefert wird und, nachdem es zusammengesetzt wird, die Botschaft über die Flucht enthält. Als eine bemerkenswerte Mischung aus Kindlichem und Raffiniertem ist der Film in jeder Minute überraschend und originell.“ (Philip French, The Observer) Cinema, Filmstudio und Casablanca (OL)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen