Urteil gegen Frauen

■ Niedersachsen: Nur große Gemeinden müssen Frauenbeauftragte haben

Hannover (taz) – Weniger als das Bundesverfassungsgericht hat der Niedersächsische Staatsgerichtshof in Bückeburg für kommunale Frauenbeauftragte übrig. Das Verfassungsgericht des Landes Niedersachsen hat gestern die Pflicht der Kommunen zur Beschäftigung einer hauptamtlichen Frauenbeauftragten erheblich reduziert. Künftig müssen in Niedersachsen nur noch Gemeinden mit mehr als 20.000 Einwohnern eine hauptamtliche Frauenbeauftragte einstellen. Bisher war sie schon in Kommunen und Landkreisen mit 10.000 Einwohnern Pflicht. Mit seiner Entscheidung zum niedersächsischen Frauenbeauftragtengesetz setzte sich der Bückeburger Staatsgerichtshof vom Bundesverfassungsgericht ab. Dieses hatte in seinem Urteil zum Schleswig-Holsteinischen Frauenbeauftragtengesetz die 10.000-Einwohner- Grenze nicht beanstandet.

Im Grundsatz erklärte der niedersächsische Staatsgerichtshof gestern das Frauenbeauftragtengesetz, gegen das fünfzig Kommunen geklagt hatten, für vereinbar mit der niedersächsischen Verfassung. Es verpflichtete jedoch den Landesgesetzgeber, für Gemeinden und Samtgemeinden mit mehr als 10.000 bis zu 20.000 Einwohnern eine zusätzliche „Ausnahmeregelung zu schaffen“. Der Landesgesetzgeber müsse Rücksicht nehmen auf die besonders einschneidenden Auswirkungen, welche die Bestellung hauptberuflicher Frauenbeauftragter auf die innere Organisation und die Finanzen dieser Gemeinden habe, urteilte das Gericht.

Etwa die Hälfte der Kommunen, die in Niedersachsen bisher zur Beschäftigung hauptamtlicher Frauenbeauftragter verpflichtet waren, sind Gemeinden mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern. Das Bückeburger Urteil, so warnten gestern die niedersächsischen Landtagsgrünen, könne dazu führen, daß nun in 158 Kommunen Fraueninteressen nicht mehr gewahrt würden. Jürgen Voges